Männer:Cato

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(Foto: N/A)

Damit da kein Zweifel aufkommt: Unsere Kolumnistin erledigt ihren Job gerne. Es gibt allerdings eine Tätigkeit, die sie noch lieber ausüben würde und die es auf der Welt bisher nur einmal gibt - in den Inspektor-Clouseau-Filmen.

Von Johanna Adorjan

Meinen Traumberuf hat ein Mann inne. Ich weiß nicht, wie die genaue Bezeichnung ist und kann deshalb nur hoffen, Sie kennen die "Pink Panther"-Filme von Blake Edwards aus den Sechzigerjahren und wissen daher, was die Hauptfigur, den leicht trotteligen Inspektor Clouseau (Peter Sellers), erwartet, wenn er abends nach Hause kommt. Wenn nicht, haben Sie etwas mit ihm gemein: Er weiß nämlich auch nicht, was ihn erwartet. Beziehungsweise wo und wann.

Er hat einen Angestellten oder Diener namens Cato (Burt Kwouk), der in Kampfkunst geschult ist und dessen Aufgabe es ist, seinen Herrn und Meister in dessen eigenen vier Wänden überraschend anzugreifen. Warum? Eine sehr gute Frage. Vermutlich als Training, damit der Inspektor jederzeit in Alarmbereitschaft ist. Sich niemals sicher fühlt. Nicht einmal nach Feierabend in der eigenen Wohnung. So richtig erklärt wird es nie. Vor fünfzig Jahren traute man dem Zuschauer noch zu, sich das eine oder andere alleine zu erklären oder zur Not damit zurechtzukommen, nicht alles einhundertprozentig zu verstehen, ganz wie im richtigen Leben auch.

In "Return of the Pink Panther" zum Beispiel, dem ersten Film, in dem der Diener Cato auftaucht, kommt Inspektor Clouseau einmal voll beladen mit Einkäufen nach Hause. "Cato?" Er spricht es im Original in einem Fantasie-Französisch aus, denn Clouseau ist Franzose, arbeitet bei der Pariser Polizei. "Ketö?" Stille. Argwöhnisch geht Clouseau mögliche Verstecke ab, sieht, die freie Hand zur Karatehand geformt, hinter einer Tür nach, pirscht sich an einen Holzperlenvorhang, springt brüllend hindurch. Nichts, die Luft scheint rein zu sein. Sichtlich entspannt geht Clouseau in die Küche. Als er den Kühlschrank öffnet, springt Cato heraus, schneebedeckt, er muss eine Ewigkeit darin ausgeharrt haben. Es kommt zum erbitterten Zweikampf, der dadurch beendet wird, dass das Telefon klingelt, woraufhin Cato von seinem Arbeitgeber ablässt, um wie ein ganz normaler Butler den Anruf entgegenzunehmen: "Inspector Clouseaus Residence?"

In einem anderen Film der Reihe überrascht Cato Clouseau nachts im Bett. Er schleicht sich an, stürzt sich mit Kampfschrei auf den Inspektor und würgt ihn. Clouseau, der sicherheitshalber im Judo-Anzug schlafen gegangen war, kann sich befreien. Es kommt zu einem erbitterten Zweikampf. Clouseau hat seinen Diener gerade im Würgegriff, als das Telefon klingelt. Er nimmt den Hörer ab und hält ihn Cato ans Ohr. Der, ohne mit der Wimper zu zucken: "Inspector Clouseaus Residence?"

Ein andermal stürzt Cato von oben auf Clouseaus Bett. Er hatte auf dem Baldachindach gelauert, das er nun mit sich nach unten reißt. Es kommt zum erbitterten Zweikampf, bis plötzlich das Telefon ...

Es geht um alles in diesen Kämpfen, um Leben und Tod. Das Mobiliar wird in Schutt und Asche gelegt, der Fernseher explodiert, darunter liegende Wohnungen werden in Mitleidenschaft gezogen, es gibt weder Rücksicht noch Gnade, es gibt nur Mann gegen Mann. Was wäre ich gerne dieser Cato, jedenfalls manchmal, was für eine herrliche Art, den Lebensunterhalt zu verdienen. Die Aufgabenstellung ist so schön klar, man würde in Paris leben, wäre relativ frei in der Gestaltung seiner Tage, und würde auch noch bezahlt dafür, Aggressionen abzubauen. Aber leider, ich geh ja so ungern ans Telefon.

© SZ vom 22.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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