Leben als Hausmann:"Ist Ihre Frau gar nicht da?"

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Zu hören bekommt Klaus Gruber stets, wie großartig es sei, was er da tut. Nachmachen will es aber keiner: Er betreut die Kinder, während seine Frau Karriere macht.

Susanne Klaiber

Klaus Gruber aus Bubenreuth bei Erlangen fühlt sich nicht als Exot. Trotzdem ist er einer - in den Augen der Anderen. Sie finden es offiziell toll, insgeheim aber ziemlich komisch, was er macht: auf die Kinder aufpassen, während seine Frau Geld verdient.

Leben als Hausmann: Klaus Gruber, hier mit zwei seiner drei Kinder, findet es okay, dass seine Frau Karriere macht.

Klaus Gruber, hier mit zwei seiner drei Kinder, findet es okay, dass seine Frau Karriere macht.

Klaus Gruber, 40, ein braungebrannter, hochgewachsener Typ in Cargohose, ist seit dem Tag Hausmann, an dem seine Tochter Sophia zur Welt kam. Das war vor 14 Jahren. Damals hat er noch studiert. Heute muss er lange nachdenken, wann er sich unwohl gefühlt hat in der von Frauen dominierten Welt der Kindererziehung. In der Krabbelgruppe war das. "Da saßen lauter Frauen, die sich ausgekotzt haben über ihre Männer." Er sagt es nicht explizit, aber man ahnt, wie sehr ihn das genervt hat. Die Mütter in der Gruppe hätten ihn ganz schön umgarnt, schließlich war er einer von den Guten. Er ist dann nicht mehr hingegangen, sagt er. Dann holt er die Käsespätzle für das Mittagessen aus dem Ofen.

Hans-Jürgen Staudt, 51, Fotograf aus Ottobrunn bei München, ist seit Frühling 2009 Teilzeit-Hausmann, da wurde seine Frau Claudia Stamm Landtagsabgeordnete. Wenn es sich einrichten lässt, arbeitet er nur noch am Vormittag. Die Familie hat zwar eine Haushaltshilfe, aber trotzdem muss Staudt seinen Tag genau planen.

Das scheint ihm nicht schwer zu fallen, es passt zu seiner ruhigen, überlegten Art. Bevor Staudt weitererzählt, nimmt er die zweijährige Maya in den Arm. Das blonde Mädchen hat sich am Tisch den Rücken gestoßen. Staudt holt einen Trost-Kaugummi. "Ich knuddel viel mit meinen Kindern", sagt er, "vielleicht bin ich in dieser Hinsicht eher der weibliche Typ." Vielleicht auch, was das Kochen angeht, denn das macht Staudt richtig gern. Und offenbar auch gut. Die siebenjährige Lina jedenfalls freut sich schon auf die Pfannkuchen.

Es gibt auch Situationen, da spürt Staudt, dass er nicht die Mutter ist. "Viele Frauen basteln doch so gern mit ihren Kindern..." Basteln findet er eine Katastrophe. Er geht mit seinen Töchtern lieber schwimmen oder bolzen. Er sagt: "Ich würde mich nicht verbiegen wollen für etwas, das man vielleicht von der Mutter eher bekommt."

Es ist eine immer noch seltene Rollenteilung, die Staudt und Gruber sich ausgesucht haben - aber sie gewinnt an Bedeutung: Im Jahr 2007 brachte fast in jeder zehnten Familie die Frau mindestens 60 Prozent des Einkommens nach Hause. Rechnet man Haushalte mit allein erziehenden Müttern dazu, waren Frauen sogar in 18 Prozent der Fälle die Hauptverdienerinnen.

Damit hat ihre Zahl in Westdeutschland innerhalb von 15 Jahren um etwa die Hälfte zugenommen, in Ostdeutschland um etwa ein Drittel. Das geht aus einer Studie verschiedener Universitäten und Institute hervor, die kürzlich in Teilen von der Hans Böckler Stiftung veröffentlicht wurde.

Freiwillig entschieden sich allerdings nur wenige Paare für dieses Modell - meist war es eine Notlösung, weil der Mann keinen guten Job fand.

Der Vater, der zu Hause bleibt und sich um die Kinder kümmert, diese Vorstellung erscheint einigen Soziologen offenbar so abwegig, dass sie bei ihren Studien nicht einmal danach fragen. "Über Hausmänner weiß man so gut wie gar nichts", sagt etwa Peter Döge vom Institut für anwendungsorientierte Innovations- und Zukunftsforschung (IAIZ) in Berlin. Einig sind sich die Soziologen nur darin, dass sich die meisten Männer weniger über die Familie als über den Beruf definieren - und die damit verbundene gesellschaftliche und finanzielle Macht.

"Wirtschaftlich wäre es für mich enorm riskant, wenn meine Frau mich verlassen würde", sagt Klaus Gruber. Nach seiner Banklehre und dem Philosophiestudium wurde er Vollzeit-Hausmann, weil nach Sophia noch Nathan und Fabian geboren wurden. Seine Frau fand einen guten Job bei Siemens. Gruber wollte, dass einer von ihnen zu Hause blieb bei den Kindern. Dass er nun selbst derjenige ist, wundert ihn ein wenig, schließlich wollte er immer unabhängig sein. Warum er es trotzdem getan hat? "Man muss es wohl Liebe nennen."

Nicht berufstätige Väter müssen allerdings nicht nur damit klarkommen, dass sie eigene berufliche Ambitionen zurückgestellt haben und finanziell abhängig sind. Auch ihre Frauen machen es ihnen nicht immer leicht: Oft wollen sie trotzdem bei der Erziehung der Kinder und im Haushalt noch den Ton angeben.

"Die Frauen setzen die Standards, sie bestimmen, was als unordentlich gilt und was als sauber", sagt Peter Döge vom IAIZ. Außerdem stecke das traditionelle Bild, dass ein Mann einen Beruf haben muss, auch in den Köpfen der Frauen. Männer, die in einer zweimonatigen Elternzeit ihre Fürsorge unter Beweis stellen, würden von den Frauen geschätzt. Reine Hausmänner dagegen fänden die meisten eher unattraktiv.

Ist das so? Ist Klaus Gruber für seine Frau weniger begehrenswert, weil er kein Geld verdient, sondern sich um die Kinder kümmert? Er schaut verdutzt. "Rufen wir doch einfach meine Frau an und fragen sie." Ilknur Gruber sitzt gerade mit Kollegen in einem Meeting im indischen Kalkutta. "Nein", sagt sie am Telefon, sie klingt erstaunt. "Also, wenn er eine Schürze anhätte, dann vielleicht..."

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