Kneipen-"Düfte":Mief der Freiheit

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Endlich keine verqualmten Klamotten mehr nach dem Ausgehen. Doch nach dem Rauchverbot zeigt sich: Der Mensch an sich riecht selten gut.

Nadeschda Scharfenberg

Die Welt ist nicht besser geworden, bloß anders. Wir hatten uns so auf die gute Luft gefreut. Endlich kein Zigaretten-Gestank mehr in Kleidern und Haaren, wenn man nach durchfeierter Nacht Richtung Schlafstätte wankt. Kein lästiges Lüften rauchgeschwängerter Pullover, kein nachbarnweckendes Duschen um vier Uhr früh, um Haut&Haar vom Nikotin zu befreien.

Passivrauchen ist ungesund, das ist bewiesen. Doch wer weiß, wie schädlich Passiv-Pupsen ist? (Foto: Foto: iStockphotos)

Und Schluss mit den geheuchelt-verständnisvollen Kommentaren der Kollegen angesichts der Rauchschwaden, die penetrant im Mantel haften: "Na, war wohl länger gestern?" Endlich aufatmen und den Geruch der Freiheit in vollen Lungenzügen genießen!

Leider ist der Geruch der Freiheit nicht frisch und rein, sondern zum Beispiel ranzig. Wie Pommesfett. Früher hat der Qualm überdeckt, dass es im Speiselokal noch andere Gerüche gibt. Jetzt müffeln die Klamotten eben nach Friteuse. Ist auch nicht viel besser. Und der Kerl am Nachbartisch belästigt den Essenden zwar nicht mehr mit filterlosen Fluppen, dafür aber mit einer moschuslastigen Deo-Note.

Derartige Deodorants (heißt das nicht wörtlich "Entriecher"?) tragen Namen wie Oriental oder Inspiration, was damals in der Unterstufe die Jungs nicht daran hinderte, mit solcherlei Produkten ihre aufkeimende Männlichkeit zu unterstreichen.

Auch in den Tanzlokalen ist das Übel nicht unbedingt kleiner geworden. Das früher Unriechbare ist plötzlich allgegenwärtig. Der Typ nebenan hat gerade aufgestoßen. Leider hat er sich für den feuchten Abend ganz offensichtlich eine Döner-mit-allem-Grundlage geschaffen.

Auch sonstige Ausdünstungen lösen sich nicht mehr in Rauch auf. Hat schon jemand erforscht, wie schädlich Passiv-Pupsen ist? Und wenn die Menschen tanzen, stinkt es wie einst in der Jungs-Umkleide. Wenn wir nächtens heimwanken, riechen wir zwar nicht mehr nach Qualm - aber nach dem Schweiß der Welt.

© SZ vom 15.1.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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