Hometrainer-Test (5): Der Nordic-Trainer:Schwitzen im Schlafzimmer

Lesezeit: 3 min

Bedrohlich wie eine überdimensionale Gottesanbeterin hockt der Nordic-Trainer in der Mitte des Zimmers - und raubt Schlaf.

Mirja Kuckuk

So heißt es: Kettler Nordic-Trainer Das ist es: Hometrainer für strammes Wandern in den eigenen vier Wänden Das soll es: Beine, Po, Arme trainieren

Den Nordic-Trainer sollte man sich nur nach Hause einladen, wenn ausreichend Platz vorhanden ist. (Foto: Foto: Kettler)

Seit geraumer Zeit klingelt der Wecker zwanzig Minuten früher. Besonders in der Winterzeit waren es gefühlte vierzig, die man sich vorzeitig aus den warmen Federn bewegte. Jetzt in der Sommerzeit ist es kaum besser, das "Problem" ist einfach zu groß. Mit dem ersten Augenaufschlag lässt sich seine Anwesenheit nicht mehr aus dem Kopf verbannen.

Bedrohlich steht er vor einem: der Kettler Nordic Trainer. 120 Kilo schwer, mannshoch. Die Vorhänge bleiben sorgsam geschlossen, das Fenster wird gekippt, das Radio unverhältnismäßig laut gedreht, dann bringe ich den Koloss und mich allmählich in Schwung. Die Nachrichtensprecherin muss noch ein wenig lauter sprechen, denn der Trainer beginnt noch vor mir zu ächzen und zu quietschen.

Das sichert mir die unfreiwillige Aufmerksamkeit meiner Mitbewohnerin. "Mann, ist die eisern, steht schon wieder auf dem Ding", lautet ihre Bewunderung für meinen morgendlichen Tatendrang. Offiziell. Ich würde es ihr allerdings nicht verübeln und - halte es auch für sehr viel wahrscheinlicher -, dass sie mich mit Flüchen für diese Lärmbelästigung bedenkt. Schließlich sind wir ja 20 Minuten zu früh dran.

Bis dato habe ich Nordic Walker immer ein wenig belächelt. Bin an ihnen vorbeigejoggt und dachte: Nun sind selbst sportlich völlig Unbeleckte der Freizeitindustrie auf den Leim gegangen, absolvieren ihren täglichen Spaziergang leicht gehetzt und ziehen dabei teure Stöcke lärmend hinter sich her.

Die Strafe folgte auf dem Fuß - ein gedehntes Außenband untersagte abrupt den Lieblingssport, und nun zähle ich also zu den Walkenden. Doch so leicht wie die munter kommunizierenden Spaziergänger mit Stock kommt man auf dem Nordic-Trainer nicht davon.

Auf der nächsten Seite: Am Ende des Trainings wartet die größte Herausforderung.

Mit militärischer Disziplin

Rieseninsekt oder ächzende Dampflok: Der Hometrainer regt Muskelaufbau und Fantasie an. (Foto: Foto: Kettler)

Wer nicht mit militärischer Disziplin die Arme bis zur Koppel schwingt beziehungsweise die Bänder, die beim Hometrainer die Stöcke ersetzen, stramm nach hinten zieht und gezielt wieder nach vorne führt, verheddert sich und droht das Gleichgewicht zu verlieren. Auf dem Nordic-Trainer eine gute Figur abzugeben, bedarf einiger Übung.

Sportlicher Ehrgeiz kommt mit der Zeit auf. Man beginnt, an einem kleinen Rad den Widerstand, den die Bänder leisten, nach oben zu drehen. Gleichzeitig versucht man sich in gleitenden Trittbewegungen.

Die Fußteile des Nordic-Trainers erinnern an die Mechanik einer guten alten Dampflok - und, wie gesagt, sie ächzen auch so. Die Beinarbeit lässt sich ebenfalls nach Gusto erschweren. Wie der Puls dabei in die Höhe schnellt, zeigt das große Display auf Augenhöhe.

Daneben blinken ohne Erbarmen weitere Werte: Der Computer berechnet gerade mal zwei zurückgelegte Kilometer und tausend verbrannte Kilojoules bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 9,7 km/h - dabei sind die Radio-Nachrichten längst um und drei Musiktitel gespielt.

Doch die Gottesanbeterin hilft einem bald auf die Sprünge: Nach zehn Übungseinheiten treten die Beine schon viel kräftiger in die Pedale, die Arme beherrschen das Spiel mit den Seilen und auch der Rücken hält sich löblich gerade. Die Muskeln wachsen.

Wer sich den Nordic-Trainer bestellt, sollte wissen: Er fordert von Beginn an sportlich heraus. Es war keine Fingerübung, das mehr als hundert Kilo schwere Gerät in den dritten Stock zu bringen. (Der Kurier berief sich auf den Inhalt seines Lieferscheins: "Bürgersteiganlieferung".) Und es bedurfte der Hilfe eines befreundeten Ingenieurs, die Bauteile korrekt zusammenzusetzen.

90 Ersatzteile kann man laut Bedienungsleitung nachbestellen. Das Gerät ist recyclebar - man solle es bitte zur nächsten Sammelstelle bringen. Bevor ich das Testgerät zum Hersteller zurückschicke, wartet noch ein strammes Abschlusstraining: Die stählerne Gottesanbeterin "zerlegen", verpacken und irgendwie wieder ins Erdgeschoss verschaffen. Ich bin mir sicher, meine Mitbewohnerin hilft mir.

Fazit: Die Handhabung ist einfach, der Trainingseffekt macht sich schnell bemerkbar. Unbedingt darauf achten, dass das Gerät bis in die Wohnung geliefert wird. Zeit für den Aufbau des Geräts einplanen und ausreichend Platz dafür haben - denn als vorzeigbarer Raumtrenner ist es nicht geeignet.

Daten und Fakten: Preis: 1299 Euro max. Gewichtsbelastung: 150 Kilo Drei Jahre Kettler-Service-Garantie Aufstellmaße (Länge/Breite/Höhe in cm): 165 / 53 / 170 www.kettler.net

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