Haushalte in der Finanzkrise:Sparen, sparen, sparen

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Was passiert eigentlich, wenn man den Haushalt so führen muss wie ein von der Finanzkrise gebeuteltes Unternehmen?

Jürgen Schmieder

Nun ist es amtlich: Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück malen für 2009 schwarz, Unternehmer verbreiten Pessimismus, der Ifo-Geschäftsklimaindex gibt immer mehr nach. Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist, nun ja, trauriger als auf einem Konzert der letztjährigen Popstars-Gewinner.

Haushalte in der Finanzkrise: Es wird gespart. (Foto: Foto: dpa)

Die Manager reagieren panisch. Im Stile von Bundesliga-Präsidenten verkünden Geschäftsführer ihre Absichten ("Eine Entlassung wäre das letzte Mittel") - dabei sind es wahrlich schlimme Dinge, die da auf die Arbeitnehmer zukommen. Sie könnten wegrationalisiert und wegrezessiert werden als schnellstmöglich loszuwerdender Produktionsfaktor.

Haben diese Aktionen tatsächlich Erfolg? Was wäre eigentlich, wenn sich Menschen privat auch so verhalten würden wie Manager? Kurz gesagt: Was passiert, wenn man den Haushalt führen muss wie ein von der Finanzkrise gebeuteltes Unternehmen?

Modell BASF: Standorte vorübergehend schließen - vor allem jene, die am wenigsten produktiv sind. In einem Haushalt sind das notgedrungen das Wohnzimmer und die Abstellkammer, sie werden vorübergehend abgekapselt. Das trifft zwar Zulieferer wie Supermärkte und TV-Stationen, dennoch können Kosten gespart werden, weil der Vermieter Verständnis aufbringt und die Miete anteilsmäßig (circa 25 Prozent der Wohnfläche) kürzt.

Ein weiterer Einsparpunkt sind die Energiekosten. Sie sind laut einem Bericht der IHK Mittelfranken die größte Sorge von Unternehmen. Joggen und andere körperliche Aktivitäten werden in den kommenden Monaten auf ein Minimum reduziert, um auch die Nahrungsaufnahme in möglichst kleinem Rahmen zu halten. Die Premium-Zulieferer (Supermärkte, Bäcker, Metzger) sind darüber unglücklich, dafür sollte der Umsatz von Billig-Energieriegeln deutlich ansteigen.

Keine Dienstreisen, dafür Entlassungen

Als Nächstes muss, wie von Opel demonstriert, die Produktion gedrosselt werden, wofür sich zunächst das Schlafzimmer als geeigneter Standort anbietet - aber auch die Küche wäre ein geeigneter Kandidat. Apropos Opel: Natürlich muss ein Haushalt in diesen Zeiten versuchen, sich von außen helfen zu lassen. Ein Anruf beim zuständigen Bundestagsabgeordneten mit der Bitte um finanzielle Unterstützung verlief ergebnislos, also wurde die nachgelagerte Administrationsstufe angesprochen - die Eltern. Die zeigten sich zwar besorgt von der ernsten Lage, konnten aber aufgrund der eigenen Kasse nur wenig zur Entlastung beitragen.

Die Verweigerung elterlicher Hilfe wird vom Haushalt gekontert mit einer weiteren Sparaktion: Dienstreisen werden eingestellt, das bedeutet, dass es keine Besuche mehr bei Eltern und Großeltern gibt. In diesem Punkt sind die Einsparmöglichkeiten aufgrund der hohen Sprit- und Bahnkosten groß. Somit wird auch das Spesenkonto nicht mehr belastet, weil auch Freunde nicht mehr besucht werden. Auch an Sachkosten kann wie bei der Deutschen Börse gespart werden. Es wird nicht mehr telefoniert, Küchengeräte werden nicht mehr benutzt.

Das größte Potential allerdings liegt in den Personalkosten. Die Geschäftsführerin des Haushalts überlegt deshalb wie ungefähr die Hälfte der deutschen Unternehmen, 50 Prozent der Belegschaft zu entlassen und durch Leiharbeiter zu ersetzen. Sie ist ohnehin der Ansicht, dass ihr Ehemann Aufgaben wie Putzen, Wäsche waschen und Müll entsorgen nur unzureichend wahrnimmt und deshalb nach mehreren Abmahnungen die Kündigung verdient hat. Auch der Sozialplan - zwei Jahre im Unternehmen, werdender Vater - schützt ihn nicht. Für die anstehenden Arbeiten kann sie einen Pauschalisten verpflichten oder stundenweise Ersatz einstellen.

Oder doch investieren?

Wie man sieht, greifen die von vielen durch die Finanzkrise gebeutelten Unternehmen angestrengten Maßnahmen auch in einem Haushalt - doch mit welchen Konsequenzen? Etwa 35 Prozent der Wohnung sind nicht mehr begehbar, Kontakte zu anderen Personen sind so reduziert, dass Freundschaften gekündigt wurden, andere Haushalte den Kontakt abbrachen und der Bäcker sein Sonderangebot (beim Samstagseinkauf gibt's zwei Brötchen gratis) eingestellt hat. Kurz: Der Wert des Haushaltes ist aufgrund der Kürzungen und Sparmaßnahmen um 75 Prozent gesunken. Die Aktionäre, in diesem Fall gleichzeitig die beiden Manager, sind empört.

Sie haben deshalb beschlossen, gegen den Trend zu agieren, Personal aufzustocken und zu investieren. Die Geschäftsführerin des Haushalts hat bereits ein neuartiges Projekt im Bauch, das ein Wachstum von derzeit 90 Prozent pro Monat verspricht und deshalb zur Unique Selling Proposition des Unternehmens wird - zumal es dann staatliche Hilfe (Kindergeld) sowie monetäre und sachliche Zuwendungen durch andere Unternehmen (Haushalte) und den Mutterkonzern (Eltern) geben wird. Zudem wird es in einen Trendmarkt geboren und das Unternehmen langfristig gestärkt. In der Krise muss man investieren!

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