Globaler Klimastreik:Jetzt erst recht!

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(Foto: dpa)

Trotz Krieg, teurer Energie und Winterangst: Sieben Kinder aus aller Welt erzählen, warum die Klimakrise ihre größte Sorge ist.

Protokolle: Hannah Weber und Kathrin Schwarze-Reiter

Gollibe, 12, Nigeria "In Nigeria fürchten viele Menschen um ihre Sicherheit. Wenn man auf dem Weg nach Hause Angst haben muss, überfallen und beklaut zu werden, ist im Kopf kein Platz, sich über den Müll auf der Straße aufzuregen. Das Problem ist nur: Die Klimakrise wird die Welt in Zukunft noch unsicherer machen, besonders in ärmeren Ländern. Das haben viele leider noch nicht verstanden. Das macht mich traurig, denn es geht ja vor allem um die Zukunft von uns jungen Menschen - und die fühlt sich oft sehr düster an."

Hannah, 14, Dänemark "Die meisten Menschen hier machen sich Sorgen um den Krieg in der Ukraine und die Gaskrise, denn der Winter rückt näher und ist bei uns ganz schön knackig. All diese Krisen hängen miteinander zusammen und machen die Welt vor allem für ärmere Menschen ungerechter. Was viele nicht verstehen: Wir setzen uns ja vor allem für das Klima ein, weil die Klimakrise für noch mehr Ungerechtigkeit sorgen wird. Deshalb zählt jetzt jede einzelne Person beim Klimastreik. Ich wünschte, Klimaaktivismus wäre wieder so cool und hip wie vor drei Jahren, damit die Straßen zum globalen Klimastreik am 23. September proppevoll sind - überall."

Chanupong, 5, Thailand "Gerade steht unser Haus unter Wasser. Der Fluss Chao Praya ist immer mehr angestiegen, weil es so viel geregnet hat. Das Wasser ist in unsere Garage gelaufen, in unser Haus, überallhin. Unser Auto musste gerettet werden, und unser Lieblingshuhn Chickereta lebt jetzt in unserem Wohnzimmer. Selbst für die Regenzeit sind diese Mengen nicht normal. Vor dem Regen war es so heiß, dass die Fische im Meer gestorben sind, sie lagen tot am Strand. Die Menschen in Thailand wissen zwar, dass es den Klimawandel gibt, aber die meisten interessieren sich nur dafür, wenn sie wegen des Regens nicht zur Arbeit gehen können. In der Klasse von meinem Bruder wird über den Klimawandel gesprochen, und in meinem Lieblingsmuseum gibt es eine Ausstellung dazu. Aber gestreikt wird hier leider nicht - ich würde sofort hingehen."

Katia, 12, Portugal "Wenn alle Menschen verstehen würden, wie schlimm es um den Planeten und unsere Zukunft steht, würden sicher viel mehr auf die Straßen gehen. Denn im Vergleich zu dem, was uns durch die Klimakrise erwartet, ist Stromsparen oder einen Pulli mehr anziehen, gar nichts. Deshalb müssten Politiker und Politikerinnen dringend viel mehr Geld für Klimaschutz ausgeben - stattdessen habe ich das Gefühl, dass hier in Portugal nur Geld für Dinge ausgegeben wird, die Touristen gefallen. Aber dass man auf einem kaputten Planeten keinen tollen Urlaub mehr machen kann, verstehen sie irgendwie nicht."

Ibrahim, 11, Niger "Bei mir zu Hause breitet sich die Sahara immer weiter aus. Es ist sowieso schon sehr trocken und heiß bei uns, aber es wird immer wärmer und der Fluss Niger überschwemmt den Boden immer seltener. Außerdem wehen große Sandstürme über unser Dorf, man kann dann fast nichts mehr sehen, und alle müssen husten. Vor allem wir Kinder leiden sehr unter der Hitze. Manche müssen weit zu Fuß in die Schule laufen, das ist sehr anstrengend ohne Wasser. Und in den Strohhütten in der Schule ist es so heiß, dass man sich nicht konzentrieren kann. Ich finde, alle Länder sollten sich für das Klima starkmachen. Sonst kann man in Afrika bald nicht mehr leben. Doch die Erwachsenen in Niger tun zu wenig für den Umweltschutz. Sie sind damit beschäftigt, etwas zu essen aufzutreiben und zu arbeiten. Ich würde gerne mehr machen und auf die Straße gehen, aber ich weiß nicht, was ich machen und wie ich andere Kinder finden kann, die denken wie ich."

Jonathan, 11 & Julius, 8, Berlin "Mit all den Krisen ist es ein bisschen wie mit den Hausaufgaben: Wenn man zuerst die einfachsten Aufgaben erledigt, muss man am Ende die schwierigsten machen, obwohl man sich gar nicht mehr konzentrieren kann. In Deutschland dreht sich in der Politik gerade alles um teurere Preise für Lebensmittel und Strom und darum, ob wir Waffen in die Ukraine liefern sollen. Das ist alles wichtig, aber die schwierigen Hausaufgaben, nämlich die Klimakrise, werden einfach auf später verschoben. Das macht uns stinksauer, denn bald ist es zu spät."

© SZ vom 17.09.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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