Gesundheit:Schimmel, Staub und Stimmung

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US-Forscher der Brown University haben eine neue Erkenntnis erlangt: Ein verschmutztes Eigenheim wirke sich massiv auf das psychische Befinden der Bewohner aus. Um zu dieser angestaubten Erkenntnis zu gelangen, wäre allerdings keine wissenschaftliche Studie nötig gewesen.

Werner Bartens

Auf den ersten Blick ist es eine dieser Studien, die zeigt, warum medizinische Forschung so faszinierend sein kann: Sie muss dazu nah am Menschen sein und mit wegweisenden neuen Erkenntnissen aufwarten, die sich im Alltag schnell und einfach umsetzen lassen. Im aktuellen Fall geht es um ein Thema, das wirklich jeden etwas angeht - Sauberkeit und Hygiene in Haus und Heim.

Müll, Dreck und Staub drücken auf die Stimmung. (Foto: Foto: dpa)

Schließlich berichten amerikanische Epidemiologen um Edmond Shenassa von der Brown University in Providence in der aktuellen Ausgabe des American Journal of Public Health von einem ungeheuerlichen Zusammenhang. Demnach wirkt sich ein feuchtes, verschmutztes Eigenheim massiv auf das psychische Befinden aus. Einfacher ausgedrückt: Dreck macht depressiv, Schimmel schwermütig und Staub drückt die Stimmung.

Universität spricht von bahnbrechender Untersuchung

Die Presseabteilung der Brown University bezeichnet die Untersuchung ihrer famosen Wissenschaftler als "groundbreaking'', was nicht weniger heißt als bahnbrechend. In der Tat würden sich völlig neue Behandlungsmöglichkeiten für psychische Leiden auftun, wenn die Erkenntnisse der amerikanischen Epidemiologen endlich Berücksichtigung fänden: Depressive müssten nicht mehr zum Therapeuten, stattdessen rückte die Putzkolonne bei ihnen an. Fleckentferner anstelle von Psychopharmaka würden verordnet. Das Großreinemachen unter der Couch könnte die seelische Säuberung auf der Couch ersetzen und das Wort Psychohygiene bekäme eine ganz neue Bedeutung.

Die Forscher aus den USA betonen, wie wichtig ihre Forschung sei - was Forscher halt so sagen, um als seriös zu gelten. Ein Blick auf ihre Arbeit enthüllt jedoch, wie beliebig die Ergebnisse sind. Man habe nicht nach diesem Zusammenhang gesucht, er habe sich statistisch so ergeben, schreiben die Epidemiologen.

Das ist leider üblich in der Wissenschaft: Wenn die Bearbeitung der ursprünglichen Fragestellung zu nichts geführt hat, wird krampfhaft nach anderen Zusammenhängen und Korrelationen gesucht. Immerhin gestehen die US-Mediziner ein, dass ihre Beobachtung keinen kausalen Zusammenhang beweisen kann. Ob Schmutz schwermütig macht oder ob Depressive manchmal alles um sich vergessen, bis sie im Dreck versinken, bleibt weiter offen. Als Fazit ihrer Studie bieten die Forscher eine praktikable Empfehlung an: Ein gesundes Heim kann ein gesundes Leben fördern. Um zu dieser angestaubten Erkenntnis zu gelangen, wäre allerdings keine wissenschaftliche Studie nötig gewesen.

© SZ vom 31.8.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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