Familientrio:Teures Skilager

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Unser Sohn, 11, soll mit seiner Klasse ins Skilager fahren. Ich finde es widersinnig, in Zeiten des Klimawandels Kindern so eine teure und umweltschädliche und Sportart beizubringen. Was kann ich tun, fragt Max F. aus Neustadt.

Kirsten Fuchs:

Kirsten Fuchs ist Schriftstellerin und lebt mit zwei Töchtern, Mann und Hund in Berlin. Sie schreibt vor allem Kurzgeschichten und Romane, aber auch Theaterstücke sowie Kinder- und Jugendbücher. Ihr Buch "Mädchenmeute" erhielt 2016 den Deutschen Jugendliteraturpreis. (Foto: Stefanie Fiebrig)

Ihr gutes Anliegen in allen Ehren, aber nun ist das Kind in diesem Fall schon in den Brunnen gefallen, beziehungsweise in den Schnee. Ihr Sohn fährt ins Skilager und freut sich sicherlich darauf. Ihr Sohn muss das als Diskrepanz empfinden, dass "alle" ins Skilager fahren und "niemand" etwas dabei findet und "alle" daran Spaß haben, nur eben sein Vater nicht. Wenn Sie für Ihr Anliegen einstehen, werden Sie ein uncooler Spaßverderber sein. Tun Sie es trotzdem! Nur eben nicht auf dem Rücken ihres Sohnes. Könnten Sie versuchen, mit der Schulleitung zu sprechen? Der Lehrerin? Anderen Eltern? Könnten die Kinder sich mit dem Thema auseinandersetzen? Themen wie Palmöl und Plastiktüten werden auch in Projektwochen und Kindersendungen besprochen. Das bringt die Kinder zum Nachdenken, auch wenn die Eltern davon oft genervt sind. Umweltschädliche Aktivitäten und Konsumverhalten sind Mist! Seien Sie ruhig der Stachel im Fleisch. Aber nicht in dem Fleisch Ihres Sohnes.

Jesper Juul:

Jesper Juul war Familientherapeut in Dänemark. Er hat zahlreiche Erziehungsratgeber geschrieben, darunter den in 14 Sprachen übersetzten Bestseller "Dein kompetentes Kind". Er war von Anfang an bis kurz vor seinem Tod im Sommer 2019 beim Familientrio dabei. (Foto: Anne Kring)

Wenn Sie es nicht ohnehin schon getan haben, schlage ich vor, dass Sie Ihre Bedenken mit Ihrem Kind, den Lehrern und wenn möglich auch mit anderen Eltern teilen. So können Sie rausfinden, ob die anderen Beteiligten ähnliche Gedanken haben. Womöglich teilen viele Eltern ihre Umweltbedenken oder haben Mühe, das Geld für die Skireise aufzubringen, und freuen sich, wenn einer diese Art von Klassenfahrt in Frage stellt. Wenn Sie der Einzige mit den Klimawandel-Bedenken sind oder wenn nur wenige Eltern Ihre Meinung teilen, dann haben Sie immer noch Ihr Bestes gegeben und können es erneut im nächsten Jahr versuchen.

Collien Ulmen-Fernandes:

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter wohnt in Potsdam und hat den Kinderbuch-Bestseller "Lotti und Otto" und den Elternratgeber "Ich bin dann mal Mama" verfasst. (Foto: Anatol Kotte)

Eigentlich bin ich auf Ihrer Seite. Für mich hat sich Skifahren samt allen Begleiterscheinungen noch nie erschlossen (Schädelbrüche, Hüttengaudi, Schädelgaudi). Ich finde auch, dass auf den Bergen lieber Steinböcke springen sollen als Menschen in unansehnlichen O-Bein-Stellungen gleiten, insbesondere, weil sie dabei meist gekleidet sind, als hätte eine Gruppe Außerirdischer in der Textilabteilung von Aldi geshoppt. Bin ich bei Ihnen. Nur: Es gibt ein Argument, das über all unseren völlig richtigen linksgrünen Achtsamkeitsargumenten steht. Ein Wort, das in den Ohren Ihres Kindes mehr Gewicht hat als das des Papstes. Es ist nicht er, der allein diesem unsäglichen Hobby frönt, es ist seine Klasse; sein Erfüllungsort, sein Echoraum, seine Peer-Group. Nichts wäre schädlicher für sein Klarkommen in der Klasse als Taliban-Eltern, die ihm oder seiner Klasse einen bereits verabredeten Spaß vermiesen wollen. In diesem Fall gilt für Sie einfach: es hinnehmen. Füße stillhalten. Die Schmach ertragen. Wenn Sie Glück haben, entwickelt Ihr Sohn auf der Fahrt sowieso ein Skifahr-Trauma und will da nie wieder hin.

© SZ vom 09.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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