Familientrio:Nippes schenken?

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Was macht man, wenn der Sohn Spielzeug von seiner Lieblingsserie "Paw Patrol" haben will, man als Eltern die Hunde aber total doof findet? Drei Meinungen.

Mein Sohn, 4, wünscht sich Spielzeug aus der Zeichentrickserie "Paw Patrol". Ich finde diese Hunde, die die Welt retten, wirklich blöd. Nicht, was sie machen, sondern wie sie aussehen. Diese überzogen großen Augen und die albernen Uniformen! Ist es in Ordnung, wenn ich seine Wünsche ignoriere und stattdessen etwas schenke, was auch mir gut gefällt?

Karin R. aus München

Margit Auer ist die Autorin der Kinderbuch-Bestseller-Reihe "Die Schule der magischen Tiere", die inzwischen mehr als acht Millionen Mal gedruckt und in 25 Sprachen übersetzt wurde. Sie hat drei erwachsene Söhne und lebt mitten in Bayern. (Foto: Auer)

Margit Auer:

Ja, das ist in Ordnung. Ich bin mir sicher, Sie finden ein Geschenk, das Ihnen und Ihrem Sohn gefällt. In diesem Alter haben Sie noch die Chance, den Geschmack Ihres Kindes zu steuern. Bleiben Sie dran! Es gibt so viel Mist auf dem Spielzeugmarkt, das müssen Sie wirklich nicht unterstützen. Machen Sie sich allerdings darauf gefasst, dass Ihr Sohn seinen Plastikhund doch noch bekommt. Irgendeine Tante, irgendein Freund wird sich vermutlich von ihm um den Finger wickeln lassen und so ein Ding mitbringen. Drücken Sie dann beide Augen zu und verderben Sie ihm die Freude nicht. Schenken ist immer eine Gratwanderung. Ich kenne Familien, da werden aus Prinzip keine Spielzeugpistolen gekauft. Das hat meine volle Unterstützung. Allerdings muss ich gestehen, dass ich eine wilde Wasserschlacht mit Wasserpistolen schon ziemlich lustig finde.

Herbert Renz-Polster ist Kinderarzt, Wissenschaftler und Autor von Erziehungsratgebern und des Blogs "Kinder verstehen". Er hat vier erwachsene Kinder und lebt mit Frau und jüngstem Kind in Ravensburg. (Foto: Verlag)

Herbert Renz-Polster:

Und ob das in Ordnung geht, ein Geschenk zu machen, hinter dem Sie auch voll und ganz stehen können! Geschenke haben ja etwas mit Freude zu tun, auf beiden Seiten. Profitiert Ihre gemeinsame Beziehung davon, dass Sie Ihrem Kind mit säuerlicher Miene etwas schenken, das Ihnen selbst missfällt? Und wo steht geschrieben, dass Schenken bedeutet, eine Wunschliste des anderen abzuarbeiten? Sie wären ja sonst nur eine Art Bestellagentur, bei der man seinen Auftrag abgibt. Aber für mich rührt diese Frage an noch Grundsätzlicheres. Schon ab den ersten Kaka-Witzen ihrer Kleinen müssen Eltern sich ein dickes Fell zulegen, um angesichts der schnell wechselnden, aber stets besonderen Geschmäcker der Kinder die Fassung zu bewahren. Dieses Fell, natürlich, wächst durch die Magie der Liebe. Es ist die Voraussetzung, dass wir unseren wichtigsten Job als Eltern gut gestimmt erledigen können - nämlich dafür sorgen, dass der Laden läuft. Warum soll man dieses Fell mutwillig überstrapazieren? Etwa, indem man dann auch noch jeden Tag bescheuert aussehende Hunde mit angucken muss?

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter wohnt in Potsdam und hat den Kinderbuch-Bestseller "Lotti und Otto" und den Elternratgeber "Ich bin dann mal Mama" verfasst. (Foto: Anatol Kotte)

Collien Ulmen-Fernandes:

Ich kenne zwei Schenkphilosophien: Die eine, ich nenn sie mal Erziehungsschenken, besagt, dass man dem Menschen etwas schenken soll, das ihn persönlich weiterbringt - im Leben, in der Küche, musisch, geschmacklich oder sonst wie; das ihn einem Ideal näher bringt, das man selbst von ihm hat. Also: Natürlich könnte man als Mutter von George Foreman seinem Kind Ballettschuhe kaufen, weil man sich wünscht, dass ein Boxertyp wie er etwas feiner und graziler daherkommt. Kann man so machen. Die zweite Philosophie, Spaßschenken, besagt, dass man mit einem Geschenk nichts weiter erreichen will, als den Beschenkten glücklich zu machen. Das Geschenk ist weitgehend frei von pädagogischer Projektion und dem eigenen Geschmack. Ein vollkommen hässlicher Hund, nach allen Regeln der Kunst missgestaltet, der den Sohn vollkommen glücklich macht - das ist ein reines Spaßgeschenk. Ich muss sagen: Ich bin Anhängerin der zweiten Philosophie.

© SZ vom 28.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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