Familientrio:"Kinder aus der Schusslinie"

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Was tun, wenn die Ex-Frau die neue Freundin schlecht macht? Drei Meinungen.

Ich bin seit einem Jahr von der Mutter meiner Kinder (21 und 6 Jahre) getrennt. Nun habe ich eine Freundin, die gut mit den Kindern harmoniert. Als meine Ex-Frau davon hörte, sagte sie, ich müsse ihr sagen, mit wem die Kinder Umgang haben, und es sei unverschämt, dass sie meine Freundin "ertragen" müssten. Ich glaube, sie macht meine Freundin vor den Kindern schlecht. Wie soll ich mich verhalten? Robert E. aus Oldenburg

Kirsten Fuchs ist Schriftstellerin und lebt mit zwei Töchtern, Mann und Hund in Berlin. Sie schreibt vor allem Kurzgeschichten und Romane, aber auch Theaterstücke sowie Kinder- und Jugendbücher. Ihr Buch "Mädchenmeute" erhielt 2016 den Deutschen Jugendliteraturpreis. (Foto: Stefanie Fiebrig)

Kirsten Fuchs:

Bevor schwere Geschütze von Ihrer Seite aufgefahren werden, würde ich kontrollieren, ob auf der anderen Seite wirklich geschossen wurde. Dazu könnten die Kinder befragt werden (eher ungünstig) oder besser die Ex-Partnerin selbst. Noch geschickter wäre es, allgemein um eine Übereinkunft zu bitten. Sie könnten etwas sagen wie: "Ich finde es wichtig für die Kinder, dass wir nicht schlecht über den anderen, über dessen Freunde, Beziehungen, Familie sprechen. Ich würde auch nie schlecht über dich vor den Kindern sprechen." Man kann nicht oft genug "wegen der Kinder" sagen, damit die getrennten Elternteile klarsehen und klarkommen. Somit gäbe es dann eine Art Übereinkunft. Und genau das würde ich vor den Kindern auch sagen. "Ich rede nicht schlecht über eure Mutter und sie nicht über mich (uns, wenn es die neue Partnerin mit einbeziehen soll). Das haben wir abgemacht." Falls ihre Ex doch schlecht über die neue Partnerin spricht, werden die Kinder merken, dass sich jemand nicht an die Abmachung hält. Wenn die Kindsmutter weiterhin gegen Ihre Neue schießt, dann gibt es dafür einen Grund. Den sollten Sie rausfinden. Aber Achtung: Kinder aus der Schusslinie!

Jesper Juul war Familientherapeut in Dänemark. Er hat zahlreiche Erziehungsratgeber geschrieben, darunter den in 14 Sprachen übersetzten Bestseller "Dein kompetentes Kind". Er war von Anfang an bis kurz vor seinem Tod im Sommer 2019 beim Familientrio dabei. (Foto: Anne Kring)

Jesper Juul:

Wenn Sie sich getrennt haben, hat Ihre Frau kein Recht, sich in Ihr neues Leben einzumischen. Ich gehe mal davon aus, dass sie klar vereinbart haben, wer die Kinder wann nimmt. Dann gilt: Ihre Zeit, Ihre Regeln. Trotzdem kann es natürlich sein, dass die Mutter mitbekommen hat, das eins Ihrer Kinder Probleme mit Ihrer neuen Freundin hat. Sollte das der Fall sein, dann müssen das Kind, Ihre Freundin und Sie damit zurechtkommen. Niemand, weder die Kinder noch Ihre neue Freundin müssen sich gegenseitig mögen. Je klarer das ist, und je weniger Druck Sie da machen, desto eher werden sie aufeinander zugehen können.

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter wohnt in Potsdam und hat den Kinderbuch-Bestseller "Lotti und Otto" und den Elternratgeber "Ich bin dann mal Mama" verfasst. (Foto: Anatol Kotte)

Collien Ulmen-Fernandes:

Wahrscheinlich teilen Sie das Schicksal vieler Trennungsbeteiligter. Wer über wen schlecht hinter welchem Rücken redet, ist eigentlich nur dadurch aufzuklären, dass man die betreffende Person fragt. Das wäre mein erster Vorschlag: Fragen Sie doch Ihre Ex-Frau, ob sie das tut. Wenn Sie es verneint, fragen Sie Ihre Kinder. Wenn die das verneinen, müssen Sie mit der Rest-Unsicherheit leben, dass Ihre Ex-Frau nun doch hinter Ihrem Rücken schlecht über Ihre Freundin redet. Aber da Ihre Kinder 21 und sechs sind, können sie sehr wahrscheinlich einschätzen, dass sich eine Botschaft unterscheidet, je nachdem, ob sie von einem Ex-Partner ausgesprochen wird oder von der Bundeskanzlerin. Da sie also sehr wahrscheinlich wissen, dass jede Botschaft auch mit ihrem Absender etwas zu tun hat, würde ich mir selbst für den Fall nicht zu große Sorgen machen. Wenn Ihre neue Freundin von den Kindern eine faire Chance bekommt, sich so zu zeigen, wie sie ist, und mit ihnen harmoniert, können Ihnen eigentlich alle anderen Botschaften egal sein.

© SZ vom 23.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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