Familientrio:Aus den Augen

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Die beste Freundin des Sohnes zieht in eine andere Stadt. Der Fünfjährige ist schrecklich unglücklich. Die Mutter ist unsicher: Soll sie den Kontakt über die Distanz fördern oder darauf bauen, dass ihr Sohn neue Freunde findet?

Margit Auer ist die Autorin der Kinderbuch- Bestseller-Reihe "Die Schule der magischen Tiere", die inzwischen mehr als zwei Millionen Mal gedruckt und in 22 Sprachen übersetzt wurde. Sie hat drei Söhne, die fast alle schon erwachsen sind, und lebt mitten in Bayern.

Herbert Renz-Polster ist Kinderarzt, Wissenschaftler und Autor von Erziehungsratgebern und des Blogs "Kinder verstehen". Er hat vier erwachsene Kinder und lebt mit Frau und jüngstem Kind in Ravensburg.

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter wohnt in Potsdam und hat den Kinderbuch- Bestseller "Lotti und Otto" und den Elternratgeber "Ich bin dann mal Mama" verfasst.

Margit Auer:

Margit Auer ist die Autorin der Kinderbuch- Bestseller-Reihe "Die Schule der magischen Tiere", die inzwischen mehr als sieben Millionen Mal gedruckt und in 25 Sprachen übersetzt wurde. Sie hat drei Söhne, die fast alle schon erwachsen sind, und lebt mitten in Bayern. (Foto: Auer)

Kinder leben im Hier und Jetzt, und das ist auch gut so. Ermuntern Sie Ihren Sohn, noch so viel Zeit wie möglich mit der allerbesten Freundin zu verbringen. Damit sind die Tage besser genutzt als mit Weinen! Es gibt ein wunderbares Kinderbuch zu diesem Thema: "Waffelherzen an der Angel" von der norwegischen Schriftstellerin Maria Parr. Darin stehen so schlaue Sätze wie: "Leute zu vermissen ist das schönste traurige Gefühl, das es gibt." Zu Ihrer Frage: Sie müssen sich um nichts bemühen - außer Ihrem Sohn eine Stütze zu sein. Nehmen Sie ihn in den Arm, wenn er traurig ist. Den Rest regelt die Zukunft. Was spricht dagegen, die Kindergartenfreundschaft weiter zu pflegen? Wenn beide Kinder das wollen, werden die Eltern einen Weg finden. Da wurden schon die schönsten Zugfahrten unternommen und zusammen die herrlichsten Übernachtungspartys gefeiert. Wenn es sich anders ergibt - dann ist das auch gut. In Maria Parrs Buch kommt die so sehr vermisste Freundin Lena übrigens zurück und versteckt sich in der Scheune. Falls Sie also einen Schuppen besitzen: Gucken Sie ab und zu nach. Denn auch das ist eine große Stärke von Kindern: uns immer wieder zu überraschen.

Herbert Renz-Polster:

Herbert Renz-Polster ist Kinderarzt, Wissenschaftler und Autor von Erziehungsratgebern und des Blogs "Kinder verstehen". Er hat vier erwachsene Kinder und lebt mit Frau und jüngstem Kind in Ravensburg. (Foto: Verlag)

Ich finde gut verständlich, dass Sie Ihren Sohn vor Leid und Trauer schützen wollen. Ich glaube aber nicht, dass er das braucht. Ihr Kind wird neue Freunde finden, egal, was Sie tun. Kinder leben Ihre Kinderfreundschaften im Hier und Jetzt - sonst wären Urlaube, wo Kinderfreunde oft viele Wochen getrennt werden, ja jedes Mal ein Trauerspiel. Natürlich, Ihr Sohn verliert eine Beziehung, die er aufgebaut hat und die sein Leben bereichert. Aber er verliert nicht seinen Anker in der Welt, der hängt bei Ihnen, den Eltern - was Sie übrigens am Urlaubsbeispiel schnell sehen werden: Könnte Ihr Kind ohne Sie in einen Urlaub gehen? Genau. Deshalb: Ihr Sohn darf trauern. Kinder dürfen Kummer haben, sie dürfen weinen, es ist Teil des Lebens und immer auch Teil einer Heilung. Solange der Anker sich nicht löst, gehören auch diese Farben zum Bild, auch bei Kindern. Ihr Sohn und seine Freundin werden sich neu aufstellen, so oder so.

Collien Ulmen-Fernandes:

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter wohnt in Potsdam und hat den Kinderbuch-Bestseller "Lotti und Otto" und den Elternratgeber "Ich bin dann mal Mama" verfasst. (Foto: Anatol Kotte)

Setzen Sie sich für Besuche ein! So lernt Ihr Sohn, dass ein Abschied nicht immer endgültig sein muss. Er hat die Chance, den Schmerz künftiger Abschiede mit der Erinnerung an die Erfahrung zu trösten, dass ein Wiedersehen möglich ist. So kann er langfristig besser zwischen Umzug und Tod unterscheiden. Dazu ist auch hilfreich, ihn hin und wieder mit seiner besten Freundin telefonieren zu lassen. Mit Bild! Oder lassen Sie ihn Bilder malen und per Post an sie verschicken. Bestimmt malt sie ihm etwas zurück. Und jede dieser fernen, näheren und nahen Begegnungen mit der "alten" Kindergartenfreundin zeigt ihm, dass Abschiede nicht für immer sein müssen.

© SZ vom 19.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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