Drogenprobleme im Alter:Flucht in die Sucht

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Aus Einsamkeit im Stillen trinken, aus Überforderung zu Tabletten greifen: Ältere Menschen haben zunehmend Drogenprobleme, vor allem, wenn sie alleinstehend sind. Die Suchtpolitik reagiert mit neuen Strategien. Diese sollen vor allem früh ansetzen - und so verhindern, dass Abhängigkeit überhaupt entsteht.

Caroline Ischinger

Immer mehr ältere Menschen in Deutschland sind Studien zufolge abhängig von Alkohol und Medikamenten. Die Bundesregierung will entsprechend diese Suchtprobleme nun stärker in den Fokus rücken.

Im Alter sind viele allein - vor allem Frauen greifen in ihrer Einsamkeit häufig zu Tabletten. (Foto: cydonna / photocase.com)

Der demographische Wandel sei eine neue Herausforderung für die Drogen- und Suchtpolitik, sagte die Drogenbeauftragte Mechthild Dyckmans am Mittwoch in Berlin. Immer mehr Menschen lebten allein; manche von ihnen seien damit überfordert. Dies führe auch zu einem problematischen Konsumverhalten, sagte die FDP-Politikerin. Vor allem ältere Frauen griffen, ob bei Schlafstörungen oder dem Verlust des Partners, zu Tabletten, sagte Dyckmans. Menschen, die zuvor keine Alkoholprobleme hatten, würden im Alter aus Einsamkeit "im Stillen trinken", sagte Dyckmans. Schätzungen zufolge sollen bis zu 400.000 ältere Menschen Alkoholprobleme haben.

Betroffene schweigen oft

Da die Betroffenen in der Regel nicht von sich aus Hilfe suchten, müssten Altenpfleger für diese Probleme sensibilisiert werden, sagte die Drogenbeauftragte. Darüber hinaus würden auch Kokain- und Heroinabhängige aufgrund der besseren medizinischen Behandlung immer älter. Es müssten Regelungen gefunden werden, wo und wie diese Süchtigen gepflegt werden könnten.

Insgesamt will die Bundesregierung die Prävention künftig stärker auf Risikogruppen ausrichten - statt "wie so oft in der Vergangenheit mit der Gießkanne" vorzugehen, wie Dyckmans erklärte. Das sieht die neue Nationale Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik vor, die das Bundeskabinett am Mittwoch billigte. Sie löst den "Aktionsplan Drogen und Sucht" von 2003 ab. Neben den Älteren sind unter den Zielgruppen junge Erwachsene, Schwangere und Migranten. Es müsse alles dafür getan werden, "dass Abhängigkeit gar nicht erst entsteht", sagte Dyckmans. Ärzte müssten als Ansprechpartner gestärkt und die betriebliche Suchtprävention ausgebaut werden. Zu den Herausforderungen der Suchtpolitik zählte sie auch das Komasaufen.

Internetsucht soll als Erkrankung anerkannt werden

Die Bundesregierung wolle sich zudem dafür einsetzen, dass die Onlinesucht als eigenständige Erkrankung anerkannt werde, sagte Dyckmans. Derzeit würden Betroffene oft als psychisch Erkrankte behandelt. Die Drogenbeauftragte bemängelte, dass noch zu wenige Daten zur Internetsucht vorlägen. Neue Forschungen gehen ihren Angaben zufolge von etwa 560.000 Abhängigen aus. Unter den 14- bis 24-Jährigen seien es rund 250.000. Etwa 1,4 Millionen gelten als problematische Nutzer.

Ein Vorschlag des Verbraucherschutzministeriums, der Tabakindustrie ihre Werbung auf großflächigen Außenplakaten zu untersagen, habe sich im Kabinett nicht durchsetzen können, sagte Dyckmans. Widerstand sei aus dem Wirtschaftsministerium und aus dem Kanzleramt gekommen. Sie hätte ein solches Verbot gerade zum Schutz von Kindern und Jugendlichen "sehr befürwortet", sagte die Drogenbeauftragte.

© SZ vom 16.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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