Britische Studie:Kurzer Schlaf - kurzes Leben

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Wer nur wenig schläft, sollte damit nicht angeben, sondern sich Sorgen machen. Denn bei Schlafmangel drohen Herzinfarkt und ein früherer Tod.

Christina Berndt

Richtig sauer kann Jürgen Zulley auf jene Zeitgenossen werden, die so gern erzählen, wie wenig Schlaf sie brauchen.

Aufstehen? Doch nicht nach nur fünf Stunden Schlaf! (Foto: Foto: digitalstock)

"Leute wie Sabine Christiansen und Edmund Stoiber kommen angeblich mit vier Stunden Schlaf aus. Damit wollen sie ausdrücken, dass sie stark und gesund sind", sagt der Leiter des Schlafmedizinischen Zentrums der Universität Regensburg.

"Aber dann könnten Raucher genauso gut damit angeben, wie viele Zigaretten sie konsumieren." In Wahrheit schade die wenige Nachtruhe den "Kurz-Schlaf-Machos" wie der Tabak den Rauchern, so Zulley.

Unterstützung bekommt der Schlafforscher derzeit aus Großbritannien. Wissenschaftler von der University of Warwick haben dort Daten von mehr als 10.000 Personen erhoben, die die Auswirkungen zu kurzer Nachtruhe dramatisch verdeutlichen: Zu wenig Schlaf verdopple das Herzinfarktrisiko, so die Ergebnisse der Studie, die Francesco Cappuccio vor der British Sleep Society vorstellte.

Die Forscher haben ihre 10.308 Probanden zweimal nach ihrem Schlafverhalten und zudem nach zahlreichen Gesundheitsaspekten befragt - schon Mitte der 80er-Jahre und noch einmal Anfang der 90er.

Das Ergebnis lässt hochschrecken: All jenen, die ihren Schlaf in dieser Zeit von rund sieben auf fünf Stunden verkürzt hatten, drohte ein deutlich früherer Tod - meist, weil das Herz nicht mehr mitspielte.

"Schlaf ist die nötige Erholung von Körper und Geist", so Cappuccio. Daher sei es erschreckend, dass sich Schlafstörungen in den Industrienationen ebenso ausbreiteten wie der soziale Druck, möglichst wenig zu schlummern.

"Erschöpfungszustände und Tagesmüdigkeit sind viel häufiger als noch vor wenigen Jahrzehnten", bedauert Cappuccio. Dabei habe Schlafmangel "ernst zu nehmende" Konsequenzen - eben vor allem fürs Herz.

Grund für den frühen Herztod sind vermutlich die Hormone. "Fehlende Nachtruhe führt zum Stresssyndrom", sagt Jürgen Zulley. Der Körper schütte vermehrt das Stresshormon Cortisol aus. Weil er sich bedroht fühlt, steigt der Blutdruck; Fett wird angespart. In der Folge steigt das Risiko für Zuckerkrankheit ebenso wie das für einen Herzinfarkt.

Zu langer Schlaf deutet auf Risikofaktoren hin

Schwieriger zu deuten ist da ein anderes Ergebnis der britischen Schlafstudie: Auch Menschen, die ihre Schlafzeiten auf mehr als neun Stunden ausgedehnt hatten, drohte paradoxerweise ein früher Tod, wenn auch nicht aus Herzensgründen.

Womöglich litten diese Menschen unter Depressionen oder blieben wegen einer unentdeckten Krebskrankheit länger im Bett, vermuten Forscher. "Spätes Aufstehen trägt zwar nicht zur Erholung bei", sagt Zulley, "es macht aber gewiss nicht ursächlich krank."

Eine ausreichende Schlafmenge, die wie die Schuhgröße individuell sei, müsse endlich als Grundvoraussetzung für Gesundheit erkannt werden, fordert er. Wer schlecht schläft, dem rät Zulley, abends nicht so spät und viel zu essen und nicht zu lang im Bett zu bleiben.

"Wem das nicht hilft, der kann pflanzliche Schlafmittel probieren und danach eine Verhaltenstherapie. Schlaftabletten aber sollten der letzte Ausweg bleiben."

Zulley warnt zugleich davor, die eigenen Nächte allzu sorgenvoll zu beäugen - also quasi aus Angst vorm Nichteinschlafenkönnen wachzuliegen. "Wer meint, er leide an einer Schlafstörung, sollte sich zuallererst über gesunden Schlaf informieren", rät er. "Viele Menschen erwarten nämlich viel zu viel. Häufiges nächtliches Erwachen zum Beispiel ist völlig normal."

© SZ vom 26.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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