Basteln:Im Bällebad des Herbstes

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Ruckzuck: Kastanienfiguren gehören zu den schnellsten Bastelarbeiten, die es gibt. Bohren, stecken, fertig. (Foto: mauritius images)

Hosentaschen-Handschmeichler, Wurfgeschoss, Murmel, Bastelmaterial: Warum Kastanien das Beste sind, was diese Jahreszeit zu bieten hat.

Von Georg Cadeggianini

Die ersten paar kann man noch in der Hand sammeln. Spätestens ab 20 Stück sind alle Hosentaschen voll. Und wer noch mehr Kastanien mit nach Hause nehmen will, braucht definitiv Beutel oder Tüte. Dieses Wochenende fallen wieder Hunderttausende von den Bäumen überall in Deutschland. Gut so.

Die Kastanie ist der Tausendsassa des Herbsts: Rund, glatt, glänzend. Hosentaschen-Handschmeichler und Wurfgeschoss. Murmel und - der Klassiker - Bastelmaterial für lustige Figuren. Wem der Handbohrer dabei irgendwann zu anstrengend wird, der kann die Eltern nach dem Akkubohrer fragen: Aufsatz zwei Millimeter für Zahnstocherarbeiten, drei Millimeter bei Streichhölzern. Arbeitshandschuhe nicht vergessen! Man kann Olympiaden ausrichten (Wer findet die größte Kastanie, die kleinste, die meisten?) oder darauf wetten, wie viele Kastanien in einem noch geschlossenen Stacheligel liegen. Wer ganz viele Kastanien sammelt, kann darin baden, zum Beispiel, indem er das Planschbecken im Wohnzimmer füllt, oder barfuß auf ihnen balancieren. Eine Mischung zwischen Skateboardfahren und Fußreflexzonenmassage.

Der Name "Rosskastanie" kommt daher, weil Rösser, also Pferde, früher oft mit einer speziellen Kastaniensalbe eingerieben wurden. Nach einem anstrengenden Ritt kam diese Salbe auf den Rücken, also dort, wo der Sattel hin und her schobert. Das tut gut, weil Stoffe aus den Kastanien abschwellend wirken. Manche Reiter benutzen so was heute noch.

Man hätte sie auch "Hirschkastanie" nennen können. Denn Rosskastanien schmecken nur Hirschen und Wildschweinen. Für uns Menschen sind sie zwar nicht giftig. Aber wer es überhaupt schafft, die steinharten Dinger irgendwie kleinzukauen und runterzuschlucken, der bekommt wohl Bauchweh.

In Kinderzimmern liegen Kastanienvorräte und -figuren gern etwas länger. Und eigentlich gibt es auch nur zwei Gründe, sie zu entsorgen: Erstens Schimmel. Dann gilt: Sofort raus damit! Passiert aber in der Wohnung eher selten. Oder sie liegen einfach bis zum nächsten Herbst herum. Dann schmeißt man sie raus, weil die neuen kommen. Rund, glatt und irre glänzend.

© SZ vom 24.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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