Aktuell :Vorlesestreit

Eine Frau, die kunstvoll zum Mann wird: Eric BigClit. (Foto: alicemoe_ericbigcltdrag/Instagram)

In München findet bald eine Lesung für Kinder statt. Es soll um Toleranz, Vielfalt und Selbstliebe gehen. Wer könnte dagegen schon etwas haben?

Von Nina Himmer

Bunt und märchenhaft soll es werden bei der Lesung, die Mitte Juni in der Stadtbibliothek Bogenhausen stattfindet. Kinder ab vier Jahren sind eingeladen. Es wird um "Jungs in Kleidern, Prinzessinnen mit eigenem Willen, die Farben Blau und Rosa und das Entdecken der eigenen Freiheit" gehen, wie es im Programm heißt. Klingt spannend. Doch einige Politiker stören sich daran, wer die Geschichten vorlesen soll: Die Dragkünstler Vicky Voyage und Eric BigClit sowie die zwölf Jahre alte trans Person Julana Gleisenberg. Dragkünstler sind Menschen, die sich ab und zu gerne als das andere Geschlecht verkleiden. Und trans Personen fühlen sich einem anderem Geschlecht zugehörig als dem, mit dem sie geboren wurden. Julana etwa wurde als Junge geboren, lebt aber heute als Mädchen und hat darüber ein Buch geschrieben. Wo ist jetzt das Problem? Eigentlich gibt es keines. Aber in Bayern ist gerade Wahlkampf,und manche Politiker versuchen Stimmen zu gewinnen, indem sie gegen Menschen hetzen, die sich abseits klassischer Geschlechterrollen bewegen. Da kommt ihnen die Veranstaltung gut gelegen: Die AfD fordert ein Verbot der Lesung, die Freien Wähler wittern Gefahr für Kinder, die CSU stempelt die Veranstaltung als verirrte Sexualkunde ab. Sollte man vielleicht die zeternden alten Männer zu der Lesung schicken? Dann könnten sie erfahren, was die meisten Kinder längst wissen: Das Leben und die Menschen sind bunt, Vielfalt ist ein Gewinn, und jeder ist gut genau so, wie er oder sie eben ist.

© SZ vom 13.05.2023 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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