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"Kriminelle Vereinigung“? Das müssen Gerichte entscheiden. Zu sehen ist die Vereinigung von Händen, Asphalt und Sekundenkleber. (Foto: Hendrik Schmidt / dpa)

"Aufmachen, Polizei!" Mit diesen Worten begann für einige Mitglieder der Klimaschutzorganisation "Letzte Generation" am Mittwoch der Tag.

Von Georg Cadeggianini

Unter einer Räuberbande zum Beispiel weiß jeder so ungefähr, was er sich vorstellen soll: Das sind Leute, die sich zusammengetan haben und anderen was wegnehmen. Und es sind immer mehr als zwei. Niemand würde Räuber Hotzenplotz oder die zwei glorreichen Halunken eine Räuberbande nennen. Aber was ist eine "kriminelle Vereinigung"? Das ist ein Begriff aus dem Strafgesetzbuch. In den vergangenen Jahren wurden vor allem Mitglieder rechtsextremer Gruppen deswegen verurteilt, die gewalttätige Überfälle geplant und verübt haben. Diese Woche hat die Polizei aber auch insgesamt 15 Wohnungen und Räume von Klimaaktivisten der Gruppe "Letzte Generation" durchsucht. Sie haben Konten beschlagnahmt und die Internetseite gesperrt. Veranlasst hat das die Staatsanwaltschaft München. Aber ist "Letzte Generation" wirklich eine kriminelle Vereinigung? Dafür müsste der Zweck der Gruppe darauf ausgerichtet sein, Straftaten zu begehen. Sicher: Sich auf die Straße zu kleben verursacht Staus und wurde bereits als Nötigung bestraft. Aber sind die Straftaten wirklich das Hauptziel der Gruppe oder geht es ihnen um eine klimafreundlichere Politik? Das muss ein Gericht bewerten. Peinlich war auf jeden Fall, was im Zuge des Trubels um die Razzien der bayerischen Polizei passiert ist: Sie nutzte die gesperrte Webseite dafür, die "Letzte Generation" als kriminelle Vereinigung zu bezeichnen - obwohl darüber ein Gericht entscheiden muss. Das sind eher Räuberbandenmethoden.

© SZ vom 27.05.2023 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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