Zum Tod von Jack Palance:Ein paar Sekunden bis zur Hölle

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Der Hollywoodstar Jack Palance war für Jahrzehnte der Mann fürs Durchgeknallte, er spielte Killer und Spieler, Mafialeute und Barbaren, Fidel Castro und Dracula. Mit 87 Jahren ist er verstorben.

Fritz Göttler

Für ein paar Sekunden war auch er ganz oben, glamourös und strahlend im Kino-Olymp, top of the world sozusagen, Das war 1963, am Ende von "Le mépris/Die Verachtung", da sitzt Jack Palance am Steuer seines roten Alfa, hat einen teenagerroten Pullover an, neben ihm sitzt Bardot, er gibt Gas, und gemeinsam lassen sie die Dreharbeiten zur "Odyssee" hinter sich, mit Fritz Lang und Michel Piccoli, den ganzen Kuddelmuddel aus Eifersucht, Sarkasmus, Liebedienerei, Kulturbarbarei, Kommerzialismus, Faschismus, das ganze marode Kino eben, und fahren hinaus ins Leben. Nur wenige Sekunden später sind sie tot, der Alfa ist in einen Laster verkeilt - ein elegischer Filmtod, das Kino hat sie wieder.

Jack Palance (Foto: Foto: AP)

Zehn Jahre früher war Jack Palance zum Inbegriff des hässlichen Amerikaners geworden, durch den Killer in George Stevens' Western "Shane" - der mit seinen 1,90 Metern sehr viel nachdrücklicher in Erinnerung bleibt als der brave Held Alan Ladd. Palance tritt ganz in Schwarz auf und bringt es auf grade mal ein Dutzend Sätze, hat aber stets ein gemeines Lachen parat - eine Oscar-Nominierung als bester Nebendarsteller war das allemal wert.

Den Oscar hat er dann aber erst vierzig Jahre später bekommen, 1993, in "City Slickers", als Rancher, der ein paar zivilisationsmüde Großstädter in 14-Tage-Cowboys umzüchten soll. In Percy Adlons "Out of Rosenheim" hat er bereits bewiesen, dass er den Clash der Kulturen zu handhaben versteht - er kommt mit Stirnband daher und hat einen vehementen Drang, Marianne Sägebrecht zu malen.

Jack Palance war für Jahrzehnte der Mann fürs Durchgeknallte, spielte Killer und Spieler, Mafialeute und Barbaren, Attila und Fidel Castro, Jack the Ripper und Dracula. Er ein Method-Acting-Mann, unverkennbar, hat gemeinsam mit Brando trainiert, als der den Kowalski spielte am Broadway, in "Endstation Sehnsucht", und als sie mal am Sandsack boxten, hat Palance versehentlich Brando das Gesicht zerdeppert - er musste für ihn einspringen auf der Bühne und wurde prompt für den Film entdeckt.

Als Profiboxer und Minenarbeiter hat sich Palance - geboren am 18. Februar 1919 als Walter Palahniuk, Sohn ukrainischer Einwanderer, in Lattimer Mines, Pennsylvania - durchgeschlagen, er studierte Journalismus und Schauspiel, war Bomberpilot im Weltkrieg, erlitt bei einem Absturz Verbrennungen, die ihm zu seiner markanten Visage verhalfen. Aber unter der Maske des Bösen steckt natürlich ein klassischer loser - das durfte Palance beweisen, als er in Bogarts Fußstapfen spielte, "I Died a Thousand Times", einem Remake von "High Sierra".

Robert Aldrich hat ihn dreimal eingesetzt, unter anderem als grüblerischer Hollywoodschauspieler, der am Studiobetrieb zugrunde geht in "The Big Knife", und als deutscher Bombenentschärfer in "Ten Seconds to Hell". Douglas Sirk hat ihn den Hunnenkönig Attila spielen lassen, in seinem "Sign of the Pagan" - das ist einer, der immer um sich selber kreist, sagt Sirk, unaufhörlich, ohne Aussicht auf Erlösung, "genau mein Typ, nur wilder, nicht so meditativ wie Hamlet".

Am Freitag ist Jack Palance in Montecito, Kalifornien im Alter von 87 Jahren gestorben.

© SZ vom 13.11.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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