ZDF-Literaturshow: Die Vorleser:Gesicht der Bestseller

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Weder Reich-Ranickis Kontroversen noch Heidenreichs Empfehler-Attitüde: Ijoma Mangold und Amelie Fried wollen in "Die Vorleser" ein Best-of aus beidem bieten.

Peter Luley

Zu einig wollte das offensichtlich gut harmonierende neue ZDF-Literatur-Duo bei der Sendungs-Präsentation in Hamburg dann auch nicht wirken. Also betonte Amelie Fried, 50, dass sie und ihr Moderationspartner Ijoma Mangold, 38, "unterschiedliche Persönlichkeiten mit unterschiedlichen Zugangswegen" zur Materie seien: "Er ist ein Mann, ich bin eine Frau, er ist jünger, ich bin älter, er ist professioneller Literaturkritiker, ich bin eher so die leidenschaftliche Leserin." Mangold allerdings schränkte das Konfliktpotential gleich wieder ein: "Aber, Amelie, wir müssen ehrlich sein: Welches Buch auch immer einer von uns vorschlug, der andere war begeistert." Ein Werk, bei dem die Meinungen "100-prozentig konfrontativ" gewesen seien, habe man für die Premiere leider nicht finden können.

"Amelie, wir müssen ehrlich sein": Auch wenn Amelie Fried und Ijoma Mangold unterschiedliche Persönlichkeiten sind, in Sachen Literatur sind sie sich größtenteils einig. (Foto: Foto: dpa)

Kontroversen wie einst im "Literarischen Quartett", bei dem sich Marcel Reich-Ranicki und Sigrid Löffler legendäre Scharmützel lieferten, sind von Fried, die im August ihren Job als "3 nach 9"-Talkerin aufgibt, und Fernsehneuling Mangold, dem Vize-Feuilletonchef der Zeit, demnach eher nicht zu erwarten. Aber das wäre vom Sender wohl so wenig gewünscht wie eine 1:1-Fortsetzung der emphatischen Empfehler-Attitüde Elke Heidenreichs ("Lesen!"), die nun im Internet Bücher bespricht.

"Wer das Beste aus den beiden Vorgängerformaten vermutet, liegt nicht falsch", umschreibt ZDF-Kulturchef Peter Arens optimistisch das Konzept und wünscht sich "eine Rückkehr zu etwas mehr Diskurs" sowie die Aufhebung der Trennung zwischen den Kulturkategorien U und E. Das Kernanliegen sei es, dem Zuschauer "Navigationshilfe" zu geben - so sei der assoziationsreiche Titel "Die Vorleser" am ehesten im Sinne von "Die Vorkoster" zu verstehen.

Ob die zwei Neuen, die sich in diesem Jahr nach der Premiere noch dreimal und künftig mindestens sechsmal pro Jahr aus dem ehemaligen Hauptzollamt des Hamburger Hafens melden sollen, einen ähnlichen Einfluss auf die Verkaufszahlen im deutschen Buchmarkt nehmen können wie Heidenreich? "Man darf sich nicht in die Gefahr begeben, dass man zum Shopping-Kanal wird", wehrt Fried ab. Mangold hingegen bekundet: "Es wäre schon unser Stolz, wenn wir das Gesicht der Bestsellerlisten ein wenig modifizieren könnten." In jedem Fall sollen die 30 Sendeminuten, die am Vorabend vor kleinem Publikum aufgezeichnet werden, weniger für Verrisse als für Lese-Tipps genutzt werden. Die Auswahl des Materials leisten Redaktion und Moderatoren gemeinsam.

Die Sendungen sollen Schwerpunkte haben; in der Debütausgabe geht es anhand der Romane "Kürzere Tage" (Anna Katharina Hahn), "Heartland" (Joey Goebel), "Weiße Geister" (Alice Greenway) und "Ein anderes Leben" (Per Olov Enquist) um das Thema Familie. Pro Folge wird ein Gast eingeladen. Zum Auftakt stellt der Schauspieler Walter Sittler Erich Kästners "Als ich ein kleiner Junge war" vor. Neben kurzen Einspielern soll die Rubrik "Drei Bücher in drei Minuten" für Tempowechsel sorgen. Und vielleicht entwickelt sich ja doch der eine oder andere Disput: "Es gibt ja auch unterhalb von Schlammschlacht durchaus Kontroversen", macht Mangold allen Harmonie-Phobikern Hoffnung.

Die Vorleser, ZDF, Freitag, 22.30 Uhr.

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© SZ vom 10.7.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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