"Wetten, dass..." aus Mallorca:Ein kalauer Sommerabend

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Thomas Gottschalk auf Malle: Der Entertainer tötet eine Fliege und den Nerv der Zuschauer. Das Prinzip Fremdschämen ist zur Perfektion gelangt.

Katja Schnitzler

Wenn "Wetten, dass.." auf dem Programm steht, stellt man sich zwei Fragen: Wie kann man so etwas nur anziehen? Und wie lange überzieht Thomas Gottschalk wieder?

Die Antwort auf die erste Frage bot am Samstag kaum Gesprächsstoff: Gottschalk erschien ganz in Weiß. Überzogen hat er auch nur zehn Minuten. Bleibt noch zu klären: Wie dicht rückte Gottschalk seinen weiblichen Gästen auf die Pelle? Und traute er sich das bei Boxerin Regina Halmich auch?

Aber zuvor eine Warnung. Wenn Sie weiterlesen, könnte Ihr humoristischer Nerv empfindlich getroffen werden. Vielleicht schämen Sie sich, wenn auch nicht für sich selbst. Gottschalk war am Samstag wieder auf Mallorca, auf "Malle", wie Dieter Bohlen die Insel überraschend nicht nannte.

Überhaupt hat Herr Bohlen recht wenig geredet, dafür hoch gesungen und sonst den Auftritt in der Stierkampfarena von Palma de Mallorca seinem Ziehsänger alias "Superstar" alias Mark Medlock überlassen, der dafür von seinem "Bobbelsche" schwärmte. Dieser hatte bei der "Weltpremiere" (Gottschalk) des kurzerwarteten Bohlen-Medlock-Songs "You can get it" die Backgroundsängerin gegeben, während sich im Hintergrund Damen mit noch weniger Rhythmusgefühl als Kleidung wiegten. Man klatschte im Takt, Stimmung kam dennoch nicht auf.

Das oberste Gebot für Showmoderatoren - Du sollst nicht langweilen - missachtend, stellte Thomas Gottschalk seinen zu "Traumpaaren" zusammengewürfelten Gästen Fragen, die keine Antworten erforderten (Gottschalk zu "Topmodel" Lena Gercke angesichts der Rundungen von Topmodel Liz Hurley: "Ist die Zeit der dünnen Models vorbei?". Gercke: "Es gibt natürlich noch viele dünne Models..." Ach.)

Die Gäste, unter ihnen der singende Sohn Enrique Iglesias und die schöne Liz Hurley in züchtiger Blumenbluse, langweilten sich ebenfalls - besonders Stimmungsmusiker Jon Bon Jovi, der mit anderen Songs als dem getragenen "Make a Memory" Stadien zum Beben gebracht hatte, kämpfte auf Gottschalks Couch sichtlich mit einer Sinnkrise. Vielleicht erinnerte er sich an die Zeit, als er noch ein Rocker war.

Nur Roberto Blanco fühlte sich wieder wohl, was aber kein Wunder war bei der gediegenen Musikantenstadl-Atmosphäre. Damit die Zuschauer nicht doch wegnickten, lud Thomas Gottschalk zwischendurch immer wieder zum Fremdschämen ein: "Nein sagen und es dann doch machen - das ist doch wie bei jedem Mädchen, das Nein sagt." Noch nicht genug? Nun gut.

"Die Zähne sind doch das Härteste an Roberto Blanco!"

Dazu stolperten Regina Halmich und Henry Maske nach ihrem Wett-Reinfall als prollige Touristen verkleidet über die Bühne. Es spricht gegen die Sendung, dass Boxer Maske damit Gottschalk beinahe die Show stahl.

Der erschlug derweil versehentlich eine Fliege auf der weißen Hose Roberto Blancos ("Eigentlich hätten heute keine Tiere in der Stierkampfarena sterben sollen").

Zum Glück gibt es bei "Wetten, dass..." immer noch die Wetten. Doch hielt sich die Spannung in Grenzen, man konnte sich gleich ein frisches Bier holen, wenn eine Flasche geleert war. Ein Geologiestudent war mit dem Rad schon über eine Flaschenreihe gefahren, bevor es interessant werden konnte.

Ein Schwimmer servierte eine gefüllte Kaffeetasse 50 Meter weit auf dem Fuß. Ein Junge wechselte erfolgreich die Kleidung, während er in einem Türrahmen klemmte, und ersparte so den Zuschauern eine Schmierenkomödie mit Dieter Bohlen, Mark Medlock und After-Sun-Creme in der Hauptrolle.

Und ein chinesischer Reisbauer balancierte 16 zur Skulptur gestapelte Bänke 30 Sekunden lang derart unangestrengt mit den Zähnen, dass sein Erfolg nach wenigen Sekunden feststand (Gottschalk: "Bänke und Gebisse gibt es sonst nur im Musikantenstadl.")

Nur beim Wettkönig Marco Böhm blieb man am Bildschirm kleben wie die Ventilatoren-Blätter an seiner Zunge, bis er fünf Mal mit dem Geräusch eines sich entleerenden Luftballons die Rotorblätter gestoppt hatte.

Hier stellte Gottschalk die einzig interessante Frage des Abends: "Wie kommt man darauf, Ventilatoren mit der Zunge anzuhalten?" Schuld waren "Wetten, dass..." und die Kollegen des Wettkönigs, "und ich war der Blöde, der es ausprobieren musste", gestand Böhm.

Auch Thomas Gottschalk musste wieder ausprobieren, wie viel Nähe vor allem seine weiblichen Gäste ertragen. Und nachdem "Superstar" Mark Medlock seinem Dieter vertraulich die Hand auflegte, griff Gottschalk aus reiner Sympathie auch bei "Topmodel" Lena Gercke zu und fragte scheinheilig: "Und, fühlst Du Dich menschlich angesprochen?"

"Nee, gar nicht", sagte das Model. Wir schließen uns an. Bei Regina Halmich hat sich Gottschalk das übrigens nicht getraut.

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