Vorschlag-Hammer:Peepshow im Keller, Salat auf dem Teller

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Drinnen und Draußen: Im Sommer kann man ein eigenartig wunderbares Wechselspiel zwischen Flohmarkt, Theater, Sonnenbrand und Kneipenkonzert erleben

Kolumne von Christiane Lutz

Der Sommer ist nicht nur die Zeit des Sonnenbrandes, er ist auch die Zeit des wunderbaren Wechselspiels von Drinnen und Draußen. Er ist die Zeit der Hofflohmärkte und der Hochzeiten. Diese sind auf ihre jeweils eigene Weise reizvoll und ein wenig anstrengend. Wer bei den Hofflohmärkten (Samstag, 9. Juni in Haidhausen) auf die Idee kommt, selbst ein paar Klamotten oder nie gelesene Bestseller zu verkaufen, bekommt es mitunter mit recht rüpelhaften Flohmarkt-Hardlinern zu tun. Man öffnet schlaftrunken um 8.30 Uhr die Haustür, unterm Arm die Kisten mit dem Krempel, und schon stürzen sich die ersten drauf. Vermutlich wähnen sie darin Großmutters Perlen, die noch fehlende Überraschungseierfigur oder einfach etwas mit einem Nike-Zeichen drauf. Hat man die abgewimmelt, kommen die Feilscher. Die handeln dann auch an einem Preis von 5 Euro für ein Kleid noch so nervös herum, als wären sie im Unterzucker. Sehr unsommerlich.

Auf Hochzeiten hingegen kann man mit wenig Mühe eine sehr gute Zeit haben. Ich war mal auf einer Hochzeit, auf der sich sogar der DJ namens "DJ Günther" entspannte. Auf dem Höhepunkt der Party - die Braut versuchte gerade, eine Polonaise zu verhindern - schaufelte er sich seelenruhig am Buffet Kartoffelsalat auf den Teller, während die Musik von einer Playlist kam. Ganz anders ist da die Hochzeitskapelle drauf, eine kleine Truppe begnadeter Musiker, die tatsächlich hin und wieder auf Hochzeiten auftritt und sich dabei richtig viel Mühe gibt. Glücklicherweise spielen sie auch immer wieder in Gasthäusern, am Donnerstag, 7. Juni, um 18 Uhr in der Goldmarie.

Was für Drinnen haben die Kammerspiele im Angebot. 64 Stunden lang bespielen Künstler und Normalos von Donnerstag, 7. Juni, 20 Uhr an eine Peepshow-Bühne im Keller des Theaters. Jeweils zwölf Zuschauer können bei den wechselnden Beiträgen (vermutlich eher ohne Striptease) zuschauen. New Beginnings heißt das Projekt von Regisseur Alexander Giesche. Der Eintritt kostet zehn Euro, man kann kommen und gehen, wann man will - die Shows laufen immer weiter, auch nachts um zwei, morgens um fünf Uhr. Das ist erst einmal recht beeindruckend, zumal man sich fragt, wer morgens um fünf Uhr ein Theater besuchen soll. Aber dann wiederum: Wer besucht eigentlich morgens um fünf eine Peepshow?

Halb drinnen halb draußen, also bei offenen Türen, findet die Gesprächsrunde Eine Stadt in Wohnangst. Wer kann sich München noch leisten? im Container Collective (Freitag, 8. Juni, 19.30 Uhr, Werksviertel) statt. Meine tollen Kolleginnen Pia Ratzesberger und Anna Hoben reden dort mit einem Architekten und einem Vertreter von "Bündnis bezahlbares Wohnen" darüber, wie wir uns unsere Wohnungen noch leisten können. Denn die brauchen wir ja, um all den Krempel zu sammeln, den wir später wieder loswerden wollen.

© SZ vom 07.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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