Vorschlag-Hammer:Mehr von allem!

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Wer in der klassischen Musik Newcomer entdecken will, hat es auch in der Musikstadt München nicht leicht. Doch die mutlose Devise heißt vielmehr: Öfter mal nichts Neues. Dabei gäbe es genügend erstklassige Instrumentalisten, die noch nicht so bekannt sind

Kolumne von Harald Eggebrecht

Weil wir letzthin schon beim Sich-erinnern waren: Es ist schon sehr bedauerlich, wie kümmerlich sich das saisonale Tableau der Veranstalter, keineswegs nur in München, ausnimmt und auch früher schon ausgenommen hat. Man denke etwa an den großartigen, aus Brasilien stammenden Cellisten Aldo Parisot, der am 29. Dezember 2018 mit hundert Jahren gestorben ist. Er habe nur von einem Mann alles auf dem Cello gelernt, seinem Stiefvater. Doch dann wollte er noch bei seinem Idol, dem unvergleichlichen Emanuel Feuermann, am Curtis Institute in Philadelphia studieren. Der starb aber, bevor Parisot seine Studien bei ihm aufnehmen konnte. Parisots Spiel war von Elastizität, Eleganz, Geschmeidigkeit und einem besonderen Sinn für Klangfarbigkeit geprägt, ein Virtuose im wahren Sinne des Wortes. Auch wenn er in den Fünfziger- und Sechzigerjahren das eine oder andere Mal in deutschen Städten auftrat, richtig entdeckt hat ihn der hiesige Musikbetrieb kaum und seinem Range entsprechend präsentiert erst recht nicht. Leider gibt es auch nur wenige Aufnahmen von Parisot. So blieb er eine ferne amerikanische Cellistenlegende, ein viel gerühmter Lehrer, der bis in seine späteste Zeit noch unterrichtete und das Geheimnis seines langen Lebens damit erklärte, dass es wichtig sei, sich mit jungen Menschen zu beschäftigen, denn es sei sonst wirklich langweilig, mit den Älteren über ihren Blutdruck und ihre Cholesterinwerte zu sprechen.

Doch auch mit den vielen hervorragenden jungen Musikern heute wird, nicht nur in München, nicht gut umgegangen: Wann endlich werden, um nur ein paar exzellente Streicher zu nennen, solche Asse wie Tian Wa Yang, Hyeyoon Park, Ziyu He, Gabriel Schwabe, Elsbjørg Hemsing, die Reihe ließe sich locker fortsetzen, regelmäßig engagiert von den Orchestern und für Recitals? Die mutlose Devise heißt vielmehr: Öfter mal nichts Neues. Lieber die gewohnten Namen mit den sattsam gewohnten Programmen zu den vertrauten Zeiten.

Genug des Jammerns und Klagens: Samstag (9.2.) kann man in der Philharmonie den russischen Klavier-Kraftkerl Denis Matsuev mit dem selten gespielten 2. Klavierkonzert von Peter Tschaikowsky hören, Valery Gergiev dirigiert das St. Petersburger Mariinsky-Orchester, am Sonntag (10.2.) folgt das noch seltener aufgeführte 3. Klavierkonzert mit Matsuev, dieses Mal mit den Münchner Philharmonikern unter Gergiev. Dienstag (12.2.) ist der fabelhafte Daniil Trifonov im Herkulessaal ein Muss, ebenso am Mittwoch (13.2.) das großartige Pavel Haas Quartett wieder im Herkulessaal. Und dort leitet am Donnerstag (14.2.) auch Kent Nagano das BR-Symphonieorchester mit Musik von Olivier Messiaën und Hector Berlioz.

© SZ vom 09.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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