Vorschlag-Hammer:Kultur und Buchhaltung

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Das Führen einer Liste mit besuchten Kulturterminen mag man leicht besessen finden, eine hübsche Beschäftigung ist es allemal

Kolumne Von Christiane Lutz

Mein pragmatischer Kulturfreund und ich, wir führen Listen über die Kulturtermine, die wir 2018 schon besucht haben. "Kulturtermine" sind nach unserer Definition Kino, Theater, Konzerte (auch Popkonzerte, sogar Helene Fischer), Museumsbesuche, Lesungen und sogar ein Musical mit Wolfgang-Petry-Songs. Auch die monatlichen Treffen mit meinem Buchclub gehören dazu, schließlich besprechen wir dort jedes mal ein literarisches Werk. Kein Kulturtermin hingegen ist ein Besuch im Fußballstadion oder ein Fernsehabend, selbst wenn man einen anspruchsvollen Filmklassiker schaut. Obwohl er kein Kulturjournalist ist, hat mein pragmatischer Kulturfreund mit sagenhaften 61 Kulturterminen in 2018 bereits fünf Termine Vorsprung auf mich - ich habe 56. Selber Schuld, schließlich nehme ich ihn ja ständig mit ins Theater und so weiter, weil er, das schrieb ich an dieser Stelle schon einmal, so eine hervorragende Begleitung ist. Trotzdem komme auch ich mit dieser Liste auf einen Kulturtermin alle 3,7 Tage. Das ist ganz schön viel.

Nun kann man es gaga oder leicht besessen finden, dass wir diese Listen führen. Denn Quantität sagt ja über Qualität nichts aus, auch nicht darüber, ob wir die Abende genossen haben. Überhaupt müssen wir ja niemandem etwas beweisen. Stimmt. Aber darüber nachzudenken, wo all die Abende hin verschwunden sind und sich an sie zu erinnern ist eine hübsche Beschäftigung. Zudem fühlt man sich sehr reich beschenkt, denn natürlich müssen bei 56 Terminen ja ein paar richtig gute Sachen dabei gewesen sein. Meine Siebenmonatsbilanz sieht so aus: 10 Veranstaltungen waren vollkommen egal oder Mist, rund 30 total okay, vielleicht 10 sehr gut und 6 Termine so, dass ich meine Freunde anschließend überreden wollte, auch rein zu gehen.

In den kommenden Wochen allerdings wird es schwer werden, diese Liste weiter auszubauen. Theaterferien. Vermutlich werden wir stattdessen zum Baden fahren und uns auf irgendwelchen Sommerfesten herumtreiben. Zum Beispiel beim Geyerwally Taverna Open Air am 4. August, ein Sommernachtsfest in besagter Kneipe, also der Geyerwally in der Geyerstraße, auf dem griechische, türkische, kurdische, arabische und hebräische Musik gespielt wird. Am 29. Juli wäre auch das Hoch X Sommer-Straßenfest ein netter Zeitvertreib. Dort spielt Café Unterzucker, eine Band, die so gute Musik für Kinder macht, dass sie auch Erwachsene ertragen können. Und das hübsche Café Gans am Wasser im Westpark lädt am 25. und 26. August zum Gans Heimlich am Wasser Open Air ein - mit Yoga, Essen und Live-Musik. Und dann, wenn der Sommer vorbei ist, alle Würste gegrillt und alle Seen durchschwommen sind, dann, mein lieber Kulturfreund, werde ich dich einholen.

© SZ vom 28.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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