Vorschlag-Hammer:Die Kunst, sich zu verlaufen

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Die Münchner Filmfestivals, eher in der zweiten Jahreshälfte situiert, ziehen so früh im Jahr erst einmal Halbzeitveranstaltungen durch. Und "Underdox", zuständig für dokumentarisches und experimentelles Kino - für die Kombination beider, genauer gesagt -, mischt mit bei den 11. Mittelmeerfilmtagen im Gasteig

Kolumne von Fritz Göttler

Gemächlich hat das neue Kinojahr begonnen, die Münchner Festivals, eher in der zweiten Jahreshälfte situiert, ziehen erst mal ihre Halbzeitveranstaltungen durch. Underdox, zuständig für dokumentarisches und experimentelles Kino, mischt mit bei den elften Mittelmeer-Filmtagen im Gasteig. Man zeigt Ouroboros, von der palästinensischen Künstlerin Basma Alsharif. Ouroboros ist die mythologische Schlange, die sich in den eigenen Schwanz beißt, Symbol der ewigen Wiederkehr. Es ist ein Fahrten-, ein Erkundungsfilm, also wie geschaffen für das Underdox-Team, er folgt den Spuren der Vergangenheit, aber auch denen aus Kino und Literatur. Er beginnt im Gazastreifen, folgt einem Mann durch die Landschaft, verläuft sich dann weiter nach Frankreich und Italien - Matera, wo Pier Paolo Pasolini sein Matthäus-Evangelium filmte, nachdem er zuvor lange vergeblich nach Locations in Palästina gesucht hatte -, und in die Mojave-Wüste in Kalifornien. Es gibt starke Bewegungen rückwärts in diesem Film und eine Geschichte, die von sich selbst reflektiert wird. Wie kann die Idee der Liebe sich spiegeln in der Idee der Hoffnung, fragt Alsharif. "Der einzige Weg, nach einem gebrochenen Herzen weiterzumachen, besteht darin, sich aufs neue zu verlieben, die alte Liebe zu vergessen. Sie auszulöschen, also der Möglichkeit ins Auge zu sehen, dass sein Herz wieder brechen wird ... Im fertigen Film ist wenig von dieser Geschichte geblieben, aber ich denke, sie wirkt als eine Art verborgener Kraft ..." "Ouroboros" wird am Samstag um 17 Uhr im Carl-Amery-Saal des Gasteigs gezeigt.

Am Donnerstag läuft zur Eröffnung der Mittelmeer-Filmtage um 19 Uhr im Carl-Orff-Saal Those Who Go Those Who Stay von Ruth Beckermann, bei der die Migrationsgeschichten von heute gespiegelt sind mit Erinnerungen an den Holocaust. Auch ihre Vorstellung vom Filmen ist ganz underdoxig: "Im Völkerkundemuseum gab es eine Ausstellung chinesischer Bildrollen, und ich habe gesagt: So möchte ich Filme machen. Eine dieser Rollen, die sicher drei Meter lang war, hat den Zug eines Kaisers und seiner Sänfte gezeigt, und mich hat beeindruckt, dass es in dieser Kultur keinen Höhepunkt gibt. Keine Action in unserem Sinn. In diesem Zug sind alle als gleich gezeigt ..."

Am nächsten Wochenende (27. und 28. Januar) gibt es dann die nächste Halbzeit-Show, da wird das Fantasy-Filmfest ein paar Horror-Highlights der vergangenen Monate präsentieren.

© SZ vom 18.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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