Von SZ-Autoren:Glück und Eifer

Martin Luther, eine der umstrittensten Gestalten der deutschen Geschichte, ist auch nach 500 Jahren Reformation nicht einfach zu erklären: Willi Winkler versucht es dennoch mit seiner Biografie "Luther - ein deutscher Rebell".

Für Hans Sachs sang die "wittenbergische Nachtigall", Thomas Mann wiederum faszinierte der "stiernackige Gottesbarbar", den Katholiken ist er bis heute ein Ärgernis und selbst seinen Protestanten manche Last: Martin Luther ist auch fünfhundert Jahre nach Beginn der Reformation nicht einfach zu erklären. Der SZ-Autor Willi Winkler hat es in seiner Biografie "Luther - Ein deutscher Rebell" dennoch versucht. Winkler zeichnet ein groß angelegtes Panorama des frühen 16. Jahrhunderts, in dem der Kaiser Papst werden will, während der Papst als Bankier operiert, der Tuchhändler Jakob Fugger sich den Kaiser kauft, wo aber am Ende alle scheitern an einem Augustinermönch, den nichts für seine Rolle als Umstürzler prädestiniert hatte.

Nichts weiß der eifernde Theologe Luther vom Weltgefüge, aber mit viel Glück und noch mehr heiligem Eifer kann er in einem zufälligen Machtvakuum seinen Gottesstaat aufrichten, der allein auf das Gewissen gegründet ist. Martin Luther ist sicherlich die umstrittenste Gestalt der deutschen Geschichte: Er hat dem Antisemitismus den Weg bereitet, er hat Deutschland gespalten, aber er hat auch das heutige Deutsch mit erschaffen. Die Untertanenseligkeit geht ebenso auf ihn zurück wie der Widerspruchsgeist. Von Rechts wegen müsste ihn der Papst heiligsprechen.

Willi Winkler: Luther - Ein deutscher Rebell. Verlag Rowohlt Berlin, Berlin 2016. 640 Seiten, 29,95 Euro. E-Book 25,99 Euro.

© SZ vom 13.09.2016 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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