VG Wort:Es kann gezahlt werden

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Die Mitglieder der Verwertungsgesellschaft Wort mussten über 96 Millionen Euro an Tantiemen entscheiden, die nach einem BGH-Urteil von den Verlagen zu den Autoren fließen sollen. Nur wie genau? Darüber gibt es jetzt Einigkeit.

Von Detlef Esslinger

Autoren in Deutschland können damit rechnen, 2017 besonders viel Geld von der Verwertungsgesellschaft (VG) Wort zu erhalten. Die Mitglieder des Vereins beschlossen am Samstag in München ein Verfahren, das die Verteilung von 96 Millionen Euro regelt. Sie setzen damit ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) um.

Die VG Wort sammelt seit Jahrzehnten Geld von Bibliotheken, Kopiergeräte-Herstellern und Nutzern von Pressespiegeln ein, und seit Jahrzehnten verteilte sie es pauschal je zur Hälfte an Autoren und Verlage. Diese Praxis erklärte der BGH im April für rechtswidrig - mit der Folge, dass die Verlage das Geld zurückzahlen müssen, das sie von 2012 bis 2015 von der VG Wort erhalten haben. Seitdem stritten deren Mitglieder erbittert über die Modalitäten der Rückzahlung: über die Frist, über Möglichkeiten zur Stundung, über allfällige Zinsen - und darüber, ob die VG Wort überhaupt ein Verfahren organisieren soll, in dem Autoren auf die Rückzahlung verzichten können. Ein solches Verfahren hatte der BGH zugelassen.

Am Samstag gaben die Mitglieder der VG Wort die Erlaubnis, ein solches Verfahren einzuführen. Sie wird nun ein Formular entwickeln, in dem Autoren ihr gegenüber erklären können, auf das ihnen nach dem BGH-Urteil zustehende Geld zu verzichten. Die Verlage erfahren jedoch nicht, welche Autoren auf eine Rückzahlung verzichten und welche nicht. Zudem würde die VG Wort jeden Verzicht ignorieren, den ein Autor direkt gegenüber seinem Verlag erklärt. So soll verhindert werden, dass Verlage Druck ausüben können.

Dieser Punkt war der umstrittenste in der monatelangen Debatte. Die Mehrheit der Autoren wollte die Wahl haben, ihren Verlagen eine Rückzahlung durch ihren Verzicht zu ersparen - damit besonders kleine Verlage nicht in Existenznöte geraten. Eine Minderheit der Autoren - die jedoch bei einer Mitgliederversammlung im September eine Sperrminorität zusammenbrachte - wollte dies nicht. Sie fand, es sei nicht Aufgabe der VG Wort, schlecht wirtschaftenden oder ausbeuterischen Verlagen die Chance zu organisieren, sich vor den Folgen des BGH-Urteils zu drücken. Diese Gruppe war vor allem vom Verein "Freischreiber", einer Vereinigung freier Autoren, dominiert. Am Samstag war sie jedoch nicht stark genug, um erneut eine Sperrminorität zu organisieren. Die anderen Autoren hatten mehr Mitglieder als noch bei der Versammlung im September organisiert.

50 Verlage bitten bereits um Stundung. Bei drei von ihnen sollen nun Wirtschaftsprüfer ran

Aber die "Freischreiber" kamen ebenfalls zu Erfolgen, an anderer Stelle. Auf ihr Drängen geht es zurück, dass nun Zinsen fällig werden für Verlage, denen ihre Rückzahlungen übers Jahr 2017 hinaus gestundet werden. Der Zinssatz soll fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz der Bundesbank betragen; dieser liegt derzeit bei minus 0,88 Prozent. Und sollte der Bundestag das Verwertungsgesellschaften-Gesetz (VGG) so ändern, dass die Verlage in Zukunft einen Anspruch auf pauschale Zahlungen haben, so werden sie nicht unbedingt sofort wieder Geld bekommen: Zunächst wird die VG Wort prüfen, ob die Rückzahlungen alle geleistet sind. Rückzahlungen, die noch offen sind, werden mit etwaigen künftigen Ansprüchen verrechnet. Eine Änderung des VGG gilt als wahrscheinlich, eventuell erfolgt sie bereits noch in dieser Woche.

Die VG Wort hatte den Verlagen für die Rückzahlung der insgesamt 96 Millionen Euro eine Frist bis zum 30. November gesetzt. Nach Angaben von VG-Wort-Geschäftsführer Robert Staats sind 5,8 Millionen Euro bereits eingetroffen. Es liegen 50 Anträge auf Stundung vor, in dreien davon geht es um jeweils mehr als 50 000 Euro. Für Fälle in dieser Größenordnung hatte der Verwaltungsrat im Oktober beschlossen, dass ein Wirtschaftsprüfer die Finanzlage eines Verlags untersuchen muss, bevor ihm die Stundung gewährt werden kann.

© SZ vom 28.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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