Versteigerung:Ein kleines Comeback der Alten Meister

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Christies’-Mitarbeiter applaudieren bei der Auktion am Mittwoch in New York, nachdem der Zuschlag für das letzte bekannte Gemälde von Leonardo da Vinci in Privatbesitz gegeben wurde. (Foto: dpa)

Rekordpreise für Gemälde wurden in den letzten Jahren fast ausschließlich mit Kunstwerken aus späteren Epochen erzielt.

An astronomische Preise für Kunst hat man sich allmählich gewöhnt. Doch die 450 Millionen Dollar für "Salvator Mundi" lassen die Rekorde der letzten Jahre im Staub zurück. Die bisher teuersten Kunstwerke aus Auktionen waren Picassos "Frauen von Algier", das 2015 für 179 Millionen verkauft wurde, und Modiglianis "Liegender Akt", das im selben Jahr 170 Millionen kostete - also jeweils weit weniger als die Hälfte des Leonardo-Preises. In der Liste folgen dann Francis Bacons "Three Studies of Lucian Freud" (2013, 142 Millionen), Edvard Munchs Pastell-Version von "Der Schrei" (2012, 120 Millionen) und Basquiats "Untitled" (1982), das im vergangenen Mai 111 Millionen Dollar einspielte.

Auch bei den privaten Verkäufen - sofern bekannt - wurden Beträge wie die vom Mittwochabend noch nie gezahlt. Einsam an der Spitze steht in dieser immer wichtiger werdenden Kategorie vermutlich Paul Gauguins Südseeszene "Nafea faa ipoipo" mit 300 Millionen.

Der Leonardo-Rekord ist auch deshalb ungewöhnlich, weil Rekordpreise seit Jahren nur mit Moderne und Zeitgenossen erzielt wurden. Das bisher teuerste Altmeister-Gemälde war Rubens' "Bethlehemitischer Kindermord", das 2002 für 78 Millionen Dollar versteigert wurde.

Erstaunlich ist der astronomische Preis für den vermeintlichen Leonardo außerdem, weil der Markt für Alte Meister seit Jahren schrumpft. Und weil das Gesamtvolumen des weltweiten Kunstmarkts laut Tefaf Art Market Report zuletzt kaum noch gewachsen ist. 2016 lag es bei 45 Milliarden Dollar. Der Preis von "Salvator Mundi" allein macht schon ein Prozent davon aus.

Doch für die Schwäche bei den Alten Meistern sind weniger die Käufer als die Bieter verantwortlich. Es kommen einfach immer seltener wirklich gute, geschweige denn einzigartige Werke auf den Markt.

Die allmähliche Wanderung solcher Werke aus Privatsammlungen oder kirchlichem Besitz in die Museen ist seit zwei Jahrhunderten im Gange. Im 19. Jahrhundert verloren viele französische Adlige ihre Bilder, im 20. waren es die russischen Sammler. Im Zuge von Weltwirtschaftskrise, NS-Kunstraub, Kriegswirren und Vertreibung setzte sich die Entwicklung im Rest Europas fort. Und sind die Arbeiten einmal in Museumsbestände gelangt, bleiben sie dort. Der Christie's-Auktionator Jussi Pylkkänen, der die Auktion am Mittwoch leitete, dürfte recht behalten, wenn er sagt: "Es wird nie wieder ein Gemälde geben, das ich teurer verkaufen werde als das von heute Abend."

© SZ vom 17.11.2017 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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