Unterwegs mit der Wärmebildkamera:Is it hot or is it me?

Nachts sind eben doch nicht alle Katzen grau, wenn man nur über die richtige Sichtweise verfügt: Unterwegs mit der Wärmebildkamera - in Klubs, Redaktionsräumen und unter Tieren.

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(Foto: Ruth Schneeberger)

Nachts sind eben doch nicht alle Katzen grau, wenn man nur über die richtige Sichtweise verfügt: Unterwegs mit der Wärmebildkamera - in Klubs, Redaktionsräumen und unter Tieren. Keine Panik: Sie sind nicht auf Droge, und wir schon gar nicht. Auch die Bildredaktion hat weder geschludert noch mit Halluzinogenen experimentiert. Was Sie hier sehen, ist eigentlich nur für Profis. Aber wir machen da mal eine Ausnahme ... Text und Bilder: Ruth Schneeberger/sueddeutsche.de/lala

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... und sind mit einer Wärmebildkamera, die normalerweise zur Gebäude- und Industriethermographie benutzt wird, durch die Klubs gezogen. Denn heißer als im Münchner Nachtleben rund um die Wiesnzeit geht es ja eigentlich nirgendwo her. Oder etwa doch? Hier sehen Sie ein tanzendes Paar. Zur Veranschaulichung zeigen wir rechts die Temperaturskala, die die Kamera zu jedem Bild mitliefert. Punktgenau lässt sich bei der Bildbearbeitung nachvollziehen, welche exakte Temperatur an welcher Stelle im Moment der Bildaufnahme herrschte. Hier haben wir also ziemlich heiße Hände (36 Grad) und ein extrem kühles Bier (9 Grad). Die Kamera misst nur die Oberflächentemperatur. Lassen Sie sich also nicht täuschen: Die für Menschen übliche Körpertemperatur von 36 Grad wird bei diesen Oberflächenbildern nur dann erreicht, wenn es ganz besonders warm wird. Sie werden sehen: 

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(Foto: Ruth Schneeberger)

Es kommt nämlich nicht nur darauf an, wie nahe man sich in der Menge kommt, sondern auch, welche Darstellung man wählt, um besondere Hitze - oder Kälte - für das Auge sichtbar zu machen. Hier sehen wir eine Menschenmasse tanzen. Und erkennen an der Skala: Während die Oberfläche der - schwitzenden - Gesichter sich bis zu 37 Grad erwärmt, bleiben die T-Shirts bis auf Ausnahmen deutlich kühler, und das Bier in der Hand sowieso. Normalerweise ... 

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(Foto: Testo)

... werden solche Kameras zur Überprüfung von Gebäuden, Elektro- und Wärmesystemen eingesetzt. Die hier getestete Wärmebildkamera der Firma Testo aus Lenzkirch macht etwa solche Bilder:

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(Foto: Testo)

Der Vergleich von Infrarot - und Echtbild, beides gleichzeitig von der Kamera aufgenommen, liefert etwa Bauingenieuren wichtiges Hintergrundwissen über Wärmequellen, Isolationsfehler, Schadensstellen in thermischen Kreisläufen oder Brandrisiken in Elektroanlagen. Sie kostet - je nach Ausstattung - zwischen 3000 und 8000 Euro. Doch weil sie nebenbei auch noch recht hübsche Bilder macht, die normalerweise nicht ans Licht der Öffentlichkeit gelangen, haben wir uns ein solches Hightechgerät geschnappt und es auf das Nachtleben losgelassen. Und nicht nur auf das:

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(Foto: Ruth Schneeberger)

Dieses geheimnisvolle Wesen etwa ...       

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... ist, wie man sieht, nur tagsüber grau: Katze Lilly läuft unter der Wärmebildkamera zu leuchtender Hochform auf. Auch ihr kleiner Spielgenosse ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... weist extreme Temperaturunterschiede auf: Zwischen den Augen 37,3 Grad, an der Schnauze gerade mal 25 Grad, ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... dieses Gefälle fällt im normalen Leben vermutlich nicht einmal Mini-Chihuahua Mortimer selbst auf. Auch bei Menschen ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... lassen sich mit der Wärmebildkamera erstaunliche Temperaturunterschiede selbst innerhalb des Gesichts ausmachen - wir haben das mal bei Kollegen getestet: Diese fleißige Biene dachte eigentlich, ihr Gesicht wäre heiß, doch die Oberfläche misst gerade einmal 35,2 Grad, die Nase nur 29. Noch kaltschnäuziger ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... kommt nur noch eine weitere weibliche Kollegin aus der Multimedia-Abteilung daher: Die Nase ist mit 28 Grad kaum noch wärmer als das Mikro (26 Grad). Das Schöne an diesen Bildern ist ja, ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... dass sie bei aller Exaktheit eben nicht offenbaren, wer dahintersteckt. Weshalb wir hier getrost ein Bild der Autorin veröffentlichen können ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... hier die streng geheime Newsdesk-Zentrale zeigen dürfen ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... hier nicht zeigen müssen, wer den Bürostuhl so heißgesessen hat, ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... und hier nicht verraten werden, wer das Prinzip nicht verstanden hat. Versprochen. Weshalb wir uns auch noch mal auf die Tanzfläche wagen dürfen, weil's so schön ist: 

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(Foto: Ruth Schneeberger)

Unter dem gestrengen Blick der Infrarotkamera, unterwegs in der Tanzbar "Edmoses" an der Prinzregentenstraße, weil es dort immer so schön voll ist, und in dem Klub "Baby!" am Maximiliansplatz, weil dort auch zu später Stunde noch wild getanzt wird, erkennen wir extreme Hitzköpfe, ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... tanzende Schweißfüße, ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... und dass es vielleicht doch nicht so cool ist, lautstark mitzusingen, wenn man auf dem Podest tanzt. Wie man's nimmt. Sehr stylish hingegen ist die Kamera selbst: Auf den ersten Blick wie eine Sofortbildkamera aus den siebziger Jahren designt, wirkt der Auslöser wie ein Pistolenabzug - man "schießt" die Bilder also ganz im Wortsinn. Das Ding sieht aus, wie man sich in den siebziger Jahren eine Weltraumwaffe vorgestellt hätte - und doch halten manche sie für das neueste Video-Multimedia-Highend-Gerät. Aufmerksamkeit ist jedenfalls gesichert, wo man mit der Wunderwaffe auftaucht: Undercover-Infrarot-Recherche ist nicht. Dabei ist die Kamera so leicht zu tragen wie zu bedienen - nur das mit der Bildschärfe, das klappt vielleicht erst nach mehreren Testläufen.

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(Foto: Ruth Schneeberger)

Ansonsten lernen wir noch ein paar interessante Dinge: Dass man schon fast aussieht wie Angelina Jolie, sobald man nur an der Oberlippe ein bisschen schwitzt, ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... wozu Haare gut sind, nämlich nicht nur im Winter zum Wärmen, sondern auch in der Disco zum Kühlen des Hauptes, ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... dass Männer beim Nahtanz eindeutig heißere Hände und Köpfe haben als die Damen, ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... dass der Kopf des Barkeepers (36 Grad), vor allem um das Ohr herum, sechs mal so heiß wird wie die Getränke, die er ausschenkt (6 Grad), ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... und das Ohr des DJs naturgemäß noch ein wenig wärmer wird (38,6 Grad) - erst recht, wenn er Kopfhörer trägt.

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(Foto: Ruth Schneeberger)

In diesem Fall handelt es sich um die lustigen Jungs von Laserkraft 3D, die mit ihrem verrückten Ohrwurm "Nein, Mann" die Menge zum Schwitzen brachte. Dass sie auf einer Tafel neben dem DJ-Pult den Text zum Mitsingen einblendeten, kann man über Infrarot natürlich nicht erkennen, weil die Wärmebildkamera kein Licht einfängt. Umso praktischer, dass das Gerät gleichzeitig ein herkömmliches Foto zum Vergleich schießt. Ein bisschen schade, dass das nicht genau gleichzeitig passiert, wie man beim Vergleich zum vorherigen Bild an der Kopfhaltung sieht.

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(Foto: Ruth Schneeberger)

Ein paar Spezialfunktionen machen aber noch mal extra Spaß: So wirken manche Bilder in Weißschwarz ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... viel interessanter als in bunt, während andere ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... erst ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... in vollendeten ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... Regenbogenfarben zu voller Pracht heranreifen. Die Farbpaletten, von Graustufen über Blau-Rot- bis zu Kalt-heiß-Abstufungen, lassen sich sowohl an der Kamera selbst, also noch vor der Aufnahme, als auch später im Bildbearbeitungsprogramm noch im Nachhinein verändern. Das stellt zum Beispiel sicher, ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... dass man den passenden Kontrast ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... zum richtigen Material auswählen kann, ...

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(Foto: Ruth Schneeberger)

... und damit die gewünschten Ergebnisse erzielt: Im ersten Bild konnte man noch nicht erkennen, dass der Rand des Glases wärmer ist als der Inhalt, hier ist es überdeutlich. Obwohl es sich um dieselbe Aufnahme handelt.

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(Foto: Ruth Schneeberger)

Und wie langweilig dagegen erst das Original. Das beste Beispiel unserer kleinen Farb- und Wärmelehre aber gönnen wir uns ganz zum Schluss: 

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(Foto: Ruth Schneeberger)

Was will uns dieses Foto sagen? Bestrumpfter Fuß auf billigem Parkett? Von wegen: 

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(Foto: Ruth Schneeberger)

Die Infrarot-Version desselben Fotos zeigt: Hier hat der Fuß erst links ausgeruht, ist kurz über die Mitte gehüpft und steht erst seit kurzem auf der rechten Seite - was für die Wärmebildkamera noch Minuten später erkennbar ist. Wir hinterlassen eben alle doch hin und wieder Fußabdrücke, die für das menschliche Auge nicht unbedingt sichtbar sein müssen.

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