Unesco droht:Mer losse d'r Dom en Kölle!

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... denn do jehööt hä hin. Aber vielleicht nicht mehr als anerkanntes Weltkulturdenkmal der Unesco. Die Stadt Köln steht unter Zugzwang: Entweder sie ändert ein paar bedeutende Baupläne oder der privilegierte Status des Doms ist futsch.

GOTTFRIED KNAPP

Der Konflikt könnte kaum dramatischer sein. Das Welterbekomitee der Unesco hat der Stadt Köln ein Ultimatum gestellt, das nur bei kommunaler Selbstverleugnung zu erfüllen ist.

Der Dom zwischen Hochhäusern. Die Stadt Köln hat kritisch auf die Drohung der UNESCO reagiert, das kolossale Bauwerk aus der Liste des Weltkulturerbes zu streichen. Der Oberbürgermeister Fritz Schramm erklärte inzwischen: "Es kann nicht sein, dass eine Stadt, weil sie einen Dom hat, sich nicht weiter entwickeln darf." (Foto: Foto: dpa)

Bis 1. Februar 2006 muss die Stadt ihre Pläne für ein neues Zentrum auf der vernachlässigten rechten Rheinseite so zusammenstutzen, dass vom stadträumlichen Konzept nur eine Ruine übrig bleibt. Schafft sie das nicht in dem kurzen halben Jahr, wird der Kölner Dom aus der Liste der Weltkulturdenkmäler gestrichen, was einer Demütigung von nationalem Ausmaß gleichkäme. Die Stadt muss also gültige Pläne verwerfen und Baugenehmigungen zurücknehmen; denn von den fünf indizierten Hochhäusern, die ein Ensemble um den Bahnhof Köln-Deutz / Messe bilden sollen, steht eines schon seit 30 Jahren, ein zweites, in das die Europäische Weltraumbehörde Esa einziehen soll, wird demnächst eröffnet; und ein drittes wurde, obwohl der Dom seinetwegen auf die rote Liste der gefährdeten Kulturdenkmäler gesetzt worden ist, in diesem Jahr demonstrativ zum Bau freigegeben.

Entsprechend trotzig waren denn auch die ersten Reaktionen in Köln. Oberbürgermeister Fritz Schramma, der durch seine provozierenden Anschuldigungen und seine fatale Uneinsichtigkeit den Graben zwischen Stadt und Unesco unnötig vertieft hat, weigerte sich in einer ersten Reaktion kategorisch, die Deutzer Hochhauspläne abzuändern. Wie hart im südafrikanischen Durban verhandelt wurde, hat Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner als Beobachterin erlebt. Deutet man ihre Worte, dann wird klar, dass die Welterbe-Kommission, in der Deutschland derzeit keinen Sitz hat, am Beispiel des weltbekannten Kölner Doms ein Exempel statuieren will, das ärmere Länder, in denen die Versuchungen durch Bauspekulanten sehr viel direkter sind, abschrecken soll.

Gleichzeitig verfestigte sich in Durban der Eindruck, dass die Mitglieder der Unesco-Kommission die räumliche Situation in Köln nicht genügend kennen. Denn wenn es nur um die Lufthoheit im Himmel über Köln ginge, hätte die Unesco schon im Jahr 2001 aufschreien müssen, als auf der Altstadtseite, nur 800 Meter von den Domtürmen entfernt, der 148 Meter hohe Köln-Turm eingeweiht wurde, ein uninspirierter Büro-Wolkenkratzer, der in unschöner Allianz mit dem 266 Meter hohen alten Fernsehturm dem Dom auf der berühmten Stadtansicht sehr viel aggressiver zu Leibe rückt als die maximal 120 Meter hohen Türme auf der anderen Seite des Rheins, die man mit dem Dom nur in Verbindung bringen kann, wenn man sich direkt hinter sie stellt. Dennoch ist die Forderung der Unesco ernst zu nehmen. Tatsächlich würde das Deutzer Hochhausensemble die Gewichte in der Stadt kräftig verschieben, doch könnte man das moderne Gegenüber auf dem ganz anders strukturierten rechten Ufer auch als angemessenes zeitgenössisches Pendant für den Dom empfinden. Was immer passieren wird, das Ergebnis wird unschön sein: Entweder erfüllt sich Köln in Deutz einen alten Traum und verliert dadurch den Status des Weltkulturerbes, oder es bleibt in der Weltliga, gibt sich rechtsrheinisch aber mit einem hässlichen Kompromiss aus Hohem und Abgesenktem zufrieden.

© SZ vom 15.7.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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