"Und wer nimmt den Hund?":Ab zur Therapie

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Krisensitzung in der Ehetherapie: Martina Gedeck und Ulrich Tukur in „Und wer nimmt den Hund?“ (Foto: dpa)

Versuch einer Beziehungskomödie: Martina Gedeck und Ulrich Tukur spielen in "Und wer nimmt den Hund?" ein Paar im Trennungsmodus.

Von Theresa Hein

Es gibt Paare, die besuchen eine Therapie, weil sie eine Trennung verhindern wollen. Und es gibt Georg (Ulrich Tukur) und Doris (Martina Gedeck) im neuen Film von Rainer Kaufmann, die wild entschlossen sind, sich zu trennen, aber ihre Trennung von einer Therapeutin begleiten lassen möchten. Georg hat sich, ganz Midlife-Crisis, in seine dreißig Jahre jüngere Doktorandin verliebt, deswegen ist es mit der Hamburger Mittelschichts-ehe nach 25 Jahren plötzlich vorbei.

Diese "Trennungstherapie" soll sich der Zuschauer ansehen, außerdem, wie Doris sich in ein Journalistenarschloch verliebt und wie Georgs junge Freundin dann doch mit ihm Schluss macht, weil er natürlich keine Kinder mehr will, er hat ja schon zwei. Dazwischen die Racheakte der ehemaligen Partner aneinander. Autos werden abgefackelt, aus Autoreifen wird die Luft entlassen, ehemaliger und neuer Partner prügeln sich - der ganze Otto-Katalog der Beziehungskonfliktklischees.

Die wenig überraschenden Wendungen des Films werden durch Nebencharaktere gedehnt, die jede Szene, in denen sie nicht vorkommen, wie eine Erleichterung wirken lassen. Zum Beispiel der BWLer-Sohn Tom (Anton Rubtsov), der mit vierzehn schon Zinsen für geliehenes Geld verlangt hat oder die 32-jährige neue Flamme von Georg, Laura (Lucie Heinze), die ihn nicht zu sich ziehen lassen will, weil sie ihren "Space" braucht. So, wie man sich eben vorstellt, dass 32-jährige Menschen reden, wenn man vorher nicht mit ihnen geredet hat.

Überhaupt ist das ganze Drehbuch von Martin Rauhaus voll von Wikipedia-Vorträgen, wie den über Liebe als chemischen Vorgang von Doris' Affäre Axel (gespielt von Marcel Hensema). Dem muss Martina Gedeck so fasziniert lauschen, dass sie einem leidtun kann.

Es gibt jede Menge Sätze, die so offensichtlich nur ein Mensch, den sich ein anderer auf Papier ausgedacht hat, von sich geben kann: "Wenn eine Pflanze ihre Wachstumsrichtung ändert, bringt das nichts, das modifizieren zu wollen." Diesen Satz sagt übrigens nicht die Therapeutin des Ehepaares, sondern Georgs bester Freund total spontan zu seiner Frau, nachdem er erfahren hat, dass Georg und Doris sich trennen wollen.

Dabei wären einige Ideen des Films ganz charmant, wie die ganz am Ende angerissenen Selbstfindungstrips der Protagonisten, die herausfinden wollen, was es außer dem Eheleben sonst noch so gibt. Oder Doris' Hang zum Klauen von Krabbendosen, den sie in ihrer Jugend in Supermärkten auslebte und jetzt, Mitte 50, wiederentdeckt. Der Bruch dieser feinen Details wird jedoch oft genug durch marionettenhafte Szenen wie die vom gemeinsamen Männer-Abendessen zerstört. Es gibt: Spareribs. Es wird philosophiert über "die Frauen". Nicht nur den Frauen, auch den Männern wird in diesem Film alles Zeitgemäße verwehrt. "Und wer nimmt den Hund?" ist ein in Bilder übersetztes, ausgehirntes Eppendorfer Beziehungskonstrukt, das sich sehr weit weg von realen Menschen bewegt. Dem charakterliche Tiefe zu geben, da tun sich sogar Ulrich Tukur und Martina Gedeck ziemlich schwer. Nach zwei Dritteln des Films - und der Trennungstherapie - wird übrigens der titelgebende Hund krank. Und muss eingeschläfert werden.

Und wer nimmt den Hund? , Deutschland 2019 - Regie: Rainer Kaufmann. Buch: Martin Rauhaus. Kamera: Klaus Eichhammer. Mit: Martina Gedeck, Ulrich Tukur, Lucie Heinze, Angelika Thomas. Majestic, 93 Minuten.

© SZ vom 14.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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