TV-Skandal:Kalte Fakten aus dem Knast

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Schweden hat einen TV-Skandal: Ein Reporter, bekannt für das Aufdecken von Justizirrtümern, soll Straftätern Berichterstattung versprochen haben - gegen Geld.

Gunnar Herrmann

Schwere Jungs und schwierige Fälle sind seit Jahren die Spezialität des schwedischen Journalisten Trond Sefastsson. Für den Fernsehsender TV4 recherchierte er hinter Gefängnismauern und deckte Justizirrtümer auf. Jetzt sieht es so aus, als hätte sich der Starreporter bei seinen investigativen Wanderungen in der Unterwelt verirrt.

Manche sagen, er sei selbst einer von den schweren Jungs geworden. Zumindest aber ist Sefastsson ein schwieriger Fall. Ihm wird vorgeworfen, er habe von verurteilten Straftätern Geld genommen und ihnen dafür Fernsehreportagen versprochen.

Trond Sefastsson ist Vorbild für viele junge Fernsehreporter. Er hält oft Vorträge über seine Arbeit bei der TV4-Reportagesendung "Kalte Fakten". Sein Ruhm gründet sich unter anderem auf eine mehrteilige Fernseh-Doku über den Sträfling Yassir Askar, der im Zusammenhang mit einem Mordfall lebenslänglich bekommen hatte. Im Jahr 2001 wurde Askars Verfahren wieder aufgenommen, heute ist er frei - dank Sefastsson, der für TV4 das Urteil gegen Askar untersucht und eine Reihe von Unstimmigkeiten aufgedeckt hatte.

Hinter schwedischen Gardinen weckte der Fall Hoffnungen. Unter anderem bei dem wegen Drogenhandels verurteilten Idriz Rexhepi. Er wandte sich 2006 an Sefastsson, um eine Wiederaufnahme seines Verfahrens zu erreichen. Was der Reporter ihm versprach, ist nicht ganz klar.

Unstrittig ist, dass Rexhepis Familie in den kommenden Monaten 406 000 Kronen (etwa 43 000 Euro) in Bar an Sefastsson übergab. Rexhepis Sohn behauptet, der Journalist habe als Gegenleistung eine Reportage in "Kalte Fakten" versprochen. Sefastsson bestreitet das. Er ist nämlich nicht nur Journalist, sondern auch ausgebildeter Jurist und betreibt nebenbei eine Firma für Rechtsberatung. Das Honorar habe er für juristischen Beistand erhalten, von einer Fernsehsendung sei nie die Rede gewesen, sagt er.

Polizei ermittelt wegen Betrugsverdachts

Hilfe bekam Rexhepi nach eigenen Angaben aber weder vom Juristen noch vom Journalisten. Sein Sohn sagt, er habe daraufhin das Honorar zurückgefordert - vergeblich. Sefastsson sagt dagegen, er habe das Geld freiwillig zurückzahlen wollen, aber Rexhepi habe ihn bedroht. Schließlich suchte Sefastsson Hilfe bei Rexhepis Zellengenossen Johan Lindström - ein großer Mann mit vielen Tätowierungen, der eine lebenslange Haftstrafen wegen Mordes verbüßt.

Sefastsson erteilte in einem Telefonat mit Lindströms Lebensgefährtin einen Auftrag: Dieser solle dafür sorgen, dass Rexhepi und sein Sohn ihn nicht mehr belästigen. Was Sefastsson nicht wusste: Er war inzwischen selbst Ziel einer Recherche geworden, und Lindström hatte schon einen anderen Auftraggeber: Ein Reporter hatte Sefastsson eine Falle gestellt und nahm das zweifelhafte Gespräch auf Band auf.

Der Journalist Trond Sefastsson ist vorerst beurlaubt, der Jurist Sefastsson berät TV4 aber weiter in medienrechtlichen Fragen. Der Privatsender wusste schon lange von der Doppelrolle des Mitarbeiters. Allerdings versichern Redaktion und Geschäftsführung, man habe keine Ahnung gehabt, was Sefastssons Beratungsfirma außer Medienrecht noch treibe.

Eine Untersuchung im Auftrag des Senders soll die Sache nun klären, die Polizei ermittelt wegen Betrugsverdachts. TV4 sieht sich außerdem als Opfer eines Erpressungsversuchs: Einige Tage bevor der Skandal öffentlich wurde, soll ein Unbekannter angeboten haben, das kompromittierende Material gegen die Zahlung von einer Million Kronen verschwinden zu lassen. Der Fall Sefastsson könnte also noch Stoff für viele Reportagen liefern.

© SZ v. 5.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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