Trauerfeier:Der Menschenkenner

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Bruno Ganz’ Porträt auf dem Altar der Fraumünster-Kirche. (Foto: AP)

In der Züricher Fraumünster-Kirche haben sich Freunde und Kollegen von Bruno Ganz verabschiedet.

Von Hélène Arnet

Angehörige, Freunde und Hunderte von Fans nahmen am gestrigen Mittwoch in Zürich Abschied von Bruno Ganz, der am 16. Februar im Alter von 77 Jahren gestorben war. In der voll besetzten Fraumünster-Kirche las der Schauspieler Jens Harzer einen Brief von Botho Strauß vor, der mit Ganz eng befreundet war, selbst aber nicht nach Zürich kommen konnte.

Am besten sei Ganz gewesen, so Strauss, wenn er außer sich war. "Zornesmütig oder klagend. In solchen Sequenzen verband er sein Publikum mit den Gewalten der großen Seele, selbstverständlich als der Protagonist der Verzweiflung und niemals der siegreichen Macht." Die Würdigung endete mit dem Satz: "Autor für Dich zu sein, war die Erfüllung meines Theaterlebens."

Es waren Prominente aus Film und Theater gekommen, darunter Iris Berben, die mit Ganz die Deutsche Filmakademie geleitet hatte, Daniel Rohr, Burghart Klaußner und Joachim Król. Der Regisseur Lars von Trier schickte einen leuchtend orangen Blumenstrauß mit einem einzigen Wort: "Love". Er hatte zuletzt vor einem Jahr bei seinem Film "The House That Jack Built" mit Ganz zusammengearbeitet. Ein weiterer, langjähriger Weggefährte war Wim Wenders. Halb zu den Anwesenden, halb zu dem großen Porträt von Ganz auf dem Altar sagte er. "Er hat jedes Wort, jede Geste beseelt. Er war nicht nur ein Menschenkenner, sondern ein Menschenwissenschaftler." Mit Wenders' Film "Der amerikanische Freund" gelang Ganz 1977 der internationale Durchbruch.

Wenders erinnerte sich, wie beeindruckt er damals bei den Dreharbeiten von Ganz als Darsteller war. Ganz sei einer gewesen, der die Menschen liebte, so wie der Engel Damiel in seinem Film "Der Himmel über Berlin" (1987) die Menschen liebte. Damiel verzichtet darin auf seine Unsterblichkeit, weil er den sterblichen Menschen näher sein will.

Ganz war Träger des Iffland-Rings, den jeweils "der bedeutendste und würdigste Bühnenkünstler des deutschsprachigen Theaters" auf Lebenszeit bekommt. Den Nachfolger bestimmt der Träger selbst. Viele hatten deshalb erwartet, dass das Geheimnis von Ganz' Wahl während der Trauerfeier gelüftet werden könnte. Doch darauf muss die Theatergemeinde noch etwas warten.

© SZ vom 21.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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