Theaterpraktische Anmerkungen:Marbacher Archiv erhält Schiller-Brief

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Friedrich Schiller schrieb einem Hamburger Theaterdirektor, was er von Textkürzungen hielt.

Das Deutsche Literaturarchiv Marbach erhält einen bedeutenden Brief Friedrich Schillers. Das fünfseitige Schreiben vom 13. Juni 1787 an den Hamburger Schauspieler und Theaterdirektor Friedrich Ludwig Schröder, dem er das Manuskript des Don Carlos für die Hamburger Uraufführung zusandte, wurde 1919 zum letzten Mal versteigert und befand sich seitdem in Privatbesitz. Nun hat es die Wüstenrot Stiftung bei der Frühjahrsauktion des Auktionshauses Stargardt ersteigert und als Dauerleihgabe dem Archiv zur Verfügung gestellt.

Der Brief, in dem Schiller theaterpraktische Fragen wie Textkürzungen, Rollenbesetzungen und Aspekte der Bühnenwirksamkeit, aber auch die politische Dimension des Dramas erörtert, steht damit der Wissenschaft zum ersten Mal im Original zur Verfügung. Er ist aber nicht an die Philologie adressiert, sondern an einen wichtigen Theaterdirektor. Aus vielen Wendungen spricht die Sorge des Autors um den Erfolg der Uraufführung seines Stückes: "Übrigens stellen Sie mir bei solchen Gelegenheiten soviel Spanische Granden auf die Bühne, als Sie Röcke haben."

Über die Figur des Großinquisitors schreibt Schiller: "Aber über eine Hauptsache muß ich mich mit Ihnen berichtigen. Ich weiß nicht zu bestimmen, wie weit in Hamburg die Toleranz geht. Ob z.B. ein Auftritt des Königs mit dem Großinquisitor statt finden kann. Wenn Sie ihn gelesen haben, werden Sie finden, wie viel mit ihm für das Stück verloren seyn würde [...]. Wenn Kleidung und Name Schwierigkeiten machten, so verändern Sie beides nach Gutbefinden. Gerne geb ich der Schwachheit diese Nebensachen preiss, wenn mir meine Contrebande dadurch erleichtert wird. Über den Auftritt Philipps mit dem Marquis habe ich in der Republicanischen Stadt hoffentlich nicht unruhig zu werden." Schillers "Contrebande" war die berühmte Forderung des Marquis Posa: "Sire, geben Sie Gedankenfreiheit!"

© SZ vom 06.04.2020 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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