Die Online-Pressekonferenz, die der Bundesverband Schauspiel am Mittwoch per Videoschaltung gab, um über die Situation der Schauspieler zu informieren, war für alle Beteiligten eine Premiere. Premieren gibt es sonst ja keine mehr. Schauspieler, ob im Theater oder Film, sind als "befristet Beschäftigte" besonders hart von der Corona-Krise betroffen. Es gibt in der Bundesrepublik zwischen 15 000 und 20 000, die meisten mit einem Bruttojahresverdienst von weniger als 30 000 Euro. Viele fürchten um ihre Existenz. Es herrschen Verunsicherung, Angst, Perspektivlosigkeit. Beim Bundesverband Schauspiel laufen die Drähte heiß.
"Es brennt in allen Einsatzbereichen", sagt der Schauspieler Heinrich Schafmeister, Mitglied im Vorstand. "Ob im Theater, bei Film und Fernsehen oder im Bereich Synchron, überall wurden die Arbeiten so gut wie eingestellt." Der Beratungsbedarf sei enorm. Der Beratungsaufwand auch. "Was sich normalerweise in einer Woche abspielt, spielt sich nun an einem Tag ab." Man möge bei Fragen und Unsicherheiten bitte auf die Website des Verbandes gehen (www.bffs.de), appellierte die Vorstandsvorsitzende Leslie Malton. Dort gibt es einen "Krisen-Ticker Corona", den Video-Podcast "Schauspielhelden" und neben wichtigen Informationen auch Mutmachworte ("Bleiben Sie zuversichtlich!").
Der Bundesverband Schauspiel ist mit aktuell mehr als 3500 Mitgliedern (die Zahl, heißt es, steige gerade an) die größte Schauspielerorganisation in Deutschland und vertritt als Berufsverband der deutschen Kino- und Fernsehlandschaft die gewerkschaftlichen Interessen der Schauspieler. Er kürzt sich BFFS ab, weil er 2006 als Bundesverband der Film- und Fernseh-Schauspieler ins Leben gerufen wurde.
Ein "sehr gutes", noch zu zögerlich eingesetztes, da "mit vielen Ängsten verbundenes" Instrument, den Verdienstausfall im Bereich Film und Fernsehen abzufedern, sei die Möglichkeit der Kurzarbeit, sagte der stellvertretende Vorsitzende Hans-Werner Meyer. Gemeinsam mit Verdi hat der BFFS binnen kürzester Zeit einen Tarifvertrag mit der Arbeitgeberseite, der Produzentenallianz, ausgehandelt. Im Fall von Corona-bedingt unterbrochenen oder abgesagten Filmdrehs werden bei Kurzarbeit die Gagen der Schauspieler vom Arbeitgeber aufgestockt - und damit die Einkünfte der Filmschaffenden auf dem Niveau der Tarifgage abgesichert. Heinrich Schafmeister hat sich tief in die Thematik eingearbeitet und die neue Lösung mitverhandelt. "Es ist ein absolutes Novum, dass überhaupt in der Bühnen-, Film- und Fernsehlandschaft ein Tarifvertrag über Kurzarbeitergeld abgeschlossen wurde." Der Effekt sei, dass sich letztlich alle gegenseitig helfen: "Die Filmproduktion geht nicht in die Insolvenz, wir Arbeitnehmer kriegen unseren Kühlschrank voll, und der Staat beziehungsweise die Gesellschaft sorgt dafür, dass die Filmindustrie nicht kaputtgeht."
Schwieriger ist die Situation für die Privattheater und freie Theaterschaffende. Aufgrund der ohnehin geringen Gagen haben die wenigsten von ihnen ein Polster anlegen können. Manche können bald die Miete nicht mehr zahlen. Um ihnen schnell zu helfen, hat sich das Aktionsbündnis Darstellende Künste gegründet. Mit der Spendenaktion "Miete in Zeiten von Corona", initiiert vom Ensemble-Netzwerk, wird noch bis 7. April für Sofort-Mietzuschüsse in Höhe von jeweils 500 Euro gesammelt. ( bit.ly/2US5Kyh)