Theater:Die Wurschtigkeit der Vegetarier

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Der Schöpfer der Welt ist eine Frau und die kommt schon mal ins Grübeln: Am Metropoltheater läuft das Stück "Die Tage, die ich mit Gott verbrachte", nach der Buchvorlage von Axel Hacke

Von Petra Hallmayer

Und Gott sah, dass es gut war", heißt es in der Genesis. Mittlerweile aber dürfte er ins Grübeln gekommen sein, ob ihm die Schöpfung wirklich so gut gelungen ist. Er hat allen Grund, mit seinem Werk zu hadern. Das tut er auch in Axel Hackes Geschichte "Die Tage, die ich mit Gott verbrachte", die Thomas Flach nun für das Münchner Metropoltheater inszeniert hat.

Nein, Gott zu sein, ist kein Vergnügen. Auf Dauer ist die Ewigkeit sehr lang, und Oberchef sein macht einsam. So sucht er denn als "Universumsflüchtling" Trost und Zuspruch auf der Erde. Der Gott, dem Hackes Erzähler eines Tages bei einem Spaziergang mit seinem Büroelefanten begegnet und der ihm mit einem kleinen Schubser das Leben rettet, ist im Café des Metropoltheaters kein älterer Herr im grauen Mantel, sondern eine reizende Dame mit Baskenmütze und dicker roter Perlenkette. "Ich seh' ja selber, was ich angerichtet habe", räumt sie ein.

Die beiden, für die das Fantastische alltägliche Normalität ist, plaudern über "Marshmallowschauer", die Beamtenseele seines toten Vaters, den Urknall, die Evolution und die großen Fragen der Menschheit. Sie erklärt ihm, warum sie das Böse geschaffen hat, weshalb sie die Schöpfung nicht mehr rückgängig machen kann und wir uns schon selber helfen müssen und offenbart ihm "das große Egal", das als maunzender gelber Sack aus einer Luke im Bühnenboden hervorquillt. Nebenbei zaubertrickst sie göttlich, wirft nachts Sternschnuppen gegen sein Fenster, trinkt aus einem schwebenden Glas und verrät ihm Fragen, die sie selbst beschäftigen. Zum Beispiel: "Können Vegetarier Wurschtigkeit empfinden?".

Judith Toth als weiblicher Gott tritt mit lächelnder Nonchalance, leiser Melancholie und viel Spaß am Schabernack auf. Dieter Fischer, den zahlreiche Zuschauer durch Fernsehserien wie "Der Kaiser von Schexing" und die "Rosenheim-Cops" kennen, trägt die Geschichte gestenreich vor und unterstreicht deren tröstlich versöhnliche Stellen mit warmem Schmelz in seinem Blick. Und zwischendurch echauffiert er sich hitzig in Flachs Inszenierung, in der Frau Gott und der Mensch auch mal in einen lautstarken Streit geraten, ringt die Hände und rauft sich die Haare. So aber werden die wunderbare Lakonie und der knochentrockene Witz, die Axel Hackes Texte auszeichnen, immer wieder überspielt und verwischt. Fischers Erzähler ist ein sehr netter, knuddelig bäriger Gemütsmensch. Wenn ihn Flach beim Trinkausflug mit Gott auf den Viktualienmarkt zudem mit Bayernhütlein und Bierkrügen ausstaffiert und ein blauweißes Sacktuch hervorziehen lässt, wirkt dies allzu putzig.

Doch freuen kann man sich an diesem Abend über die vielen bilderbuchhaft schönen und lustigen illustrativen Regieeinfälle. Auf der Bühne schießt eine sämtliche Verbotsschilder ignorierende rauchende Schlange empor, vor der Fensterfront des Cafés taucht ein riesiger, leuchtend bunter Schmetterling auf, geht ein Funkenregen nieder und geistert ein kreideweißgesichtiger alter Mann mit Bart vorbei, dessen Identität sich später enthüllen wird. "Vielleicht mach' ich noch mal was ganz Neues", meint Frau Gott schließlich, die am Ende dirigierend draußen vor dem Fenster steht und eine glitzernde Kugel durch die Luft wirft.

Die Tage, die ich mit Gott verbrachte ; Sa., 22. Dez., Do. und Fr , 27. und 28. Dez., 20 Uhr, Metropoltheater, Floriansmühlstraße 5

© SZ vom 22.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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