Tänzer gegen Reformen:Rente mit 42

Die Mitglieder des Pariser Opernballetts haben seit König Ludwig XIV. eine privilegierte Ruhestandsregelung. Nun streikt das Ensemble, um sein altes Vorrecht gegen Präsident Macrons Rentenreform zu verteidigen.

Von Dorion Weickmann

Für eine Ballettaufführung geht der Vorhang des Pariser Palais Garnier vor Weihnachten wohl nicht mehr hoch. Die hundertfünfzig Damen und Herren des Ensembles sind Anfang Dezember in Streik getreten, und zwar in voller Belegschaftsstärke. Ihrem Arbeitgeber haben sie schon jetzt einen Schaden in Millionenhöhe beschert. Gleichwohl scheint die Direktion den Ausstand mit Fassung zu tragen. Schließlich geht es ausnahmsweise nicht um innerbetriebliche Querelen, sondern um die Rentenreform, die Staatspräsident Emmanuel Macron durchziehen will.

Die damit verknüpfte Abschaffung sämtlicher Rentenprivilegien betrifft auch das Corps de ballet der Pariser Oper. Dessen Mitglieder müssen sich bislang mit 42 Jahren von der Bühne verabschieden, ob sie wollen oder nicht. Dafür erhalten sie eine Monatszahlung von rund tausend Euro, zusätzlich zur später einsetzenden regulären Rentenzahlung. Diese Regelung geht auf ein Privileg aus der Zeit Ludwigs XIV. zurück und soll zum einen dafür sorgen, dass die Truppe sich personell regelmäßig verjüngt. Zum anderen trägt sie den Härten eines Berufs Rechnung, der viele Mittdreißiger zu Knie- oder Hüftoperationen zwingt - von Invalidität in noch jüngeren Jahren zu schweigen.

Freilich gelten diese Risiken auch für Operntänzer in anderen französischen Metropolen, aber ohne die Aussicht auf vorzeitige Berentung. Deshalb halten sie still und überlassen die Barrikade den Pariser Kollegen, die dort exklusiv streiken, um das eigene Vorrecht zu verteidigen. Wie lange noch? Wer Eintrittskarten für 2020 hat, darf hoffen.

© SZ vom 18.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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