SZ-Literaturkoffer:Spanien

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Der "SZ Literaturkoffer Spanien" der Süddeutsche Zeitung Edition enthält: Einen Klassiker, einen Krimi, einen Urlaubsroman und ein individuelles Tagebuch mit Informationen zum Leben in Spanien. Er kostet 34 Euro. (Foto: SZ)

Im neuen Buch-Paket zu Spanien aus der Reihe "Literaturkoffer" sind katalanische Autoren wie Mercè Rodoreda vertreten.

Von Bernd Graff

"An diesen Nachmittagen kam mir Románs Geige in den Sinn, ihr warmes Klagen. Im Spiegel vor mir sah ich ein Stück von mir selbst, die ich im Schneidersitz auf den Fliesen saß, von der Hitze ermattet. Während dieser Stunden glaubte ich zu ahnen, woher die Musik kam, die er aus seiner Geige hatte fließen lassen. Und ich urteilte nicht mehr so schlecht über den Mann, der sein eigenes Schluchzen zu Schönheit hatte verdichten können, so warm und fest wie altes Gold."

Es ist die achtzehnjährige Andrea, die gerade über die Zustände und die Bewohner in dem Haus sinniert, das sie mit ihrer skurrilen Familie in Barcelona teilt. Es ist das Haus ihrer Großmutter, Andrea studiert dort. Doch es ist kein Familienidyll, das im Haus stattfindet, es ist für alle ein unwirklicher Albtraum, dort gemeinsam leben zu müssen. Denn man besitzt gar nichts außer dem großmütterlichen Anwesen, man gönnt sich nichts und kontrolliert sich argwöhnisch. Demgegenüber steht jedoch ein freies, unbeschwertes Studentenleben voller Lebenslust, Landpartien und auch Ausschweifungen, das Andrea genüsslich auskostet, sobald sie das Haus verlassen hat. Doch die junge Frau muss schließlich wählen, welchem Lebensentwurf sie folgen möchte. Also verlässt sie das Haus. "Aus der Wohnung in der Calle de Anbau nahm ich nichts mit. Jedenfalls glaubte ich das damals."

"Nada", Nichts, ist der Roman der 1921 geborenen Carmen Laforet auch betitelt, geschrieben wurde er 1944, es ist ihr Erstling, der das Leben im Spanien der Nach-Bürgerkriegszeit sehr unaufgeregt, eher lapidar und gerade deshalb sehr eindringlich beschreibt. Die Autorin erhielt dafür zahlreiche Literaturpreise. Zu Recht: Ihr Buch vermittelt auch heute noch ein authentisches Lebensgefühl junger Erwachsener. Laforets Roman bietet das fesselnd-ste Leseerlebnis im "SZ Literaturkoffer Spanien". Darin befindet sich außerdem der Schmöker "Der Garten über dem Meer" der katalanischen Erzählerin Mercè Rodoreda aus dem Jahr 1967, in dem es um die wachsende Entfremdung eines Paares in einem abgeschiedenen Herrenhaus geht. Und dann gibt es noch den Krimi "Carvalho im griechischen Labyrinth" von Manuel Vázquez Montalbán, in dem der zwischen seiner Liebe und leider notwendigen Aufträgen hin und her schwankende Privatdetektiv Pepe Carvalho ermittelt, der im Jahr 1992 in einem olympisch aufgeplusterten Barcelona die Orientierung zu verlieren droht. Ein "persönliches Reisetagebuch" lädt dazu ein, eigene Reiseerlebnisse in Spanien festzuhalten. Unter anderem findet sich darin der Zungenbrecher: "Mi mamá me mima mucho y yo mimo a mi mamá." ("Meine Mama verwöhnt mich sehr und ich verwöhne meine Mama.") Wer das schnell aussprechen kann, der muss sich im Urlaub auf der iberischen Halbinsel wirklich gut erholt haben.

© SZ vom 14.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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