Subkultur:Der die Geister rief

Lesezeit: 2 min

Der US-Musiker, Sänger und Autor Ian Svenonius kommt mit seinem ersten Solo-Album ins Import Export - und lässt sich dort von illustren Münchner Kollegen unterstützen

Von Jürgen Moises

Mit Post-Punk gegen den Kapitalismus ansingen und anschreiben: Ian Svenonius liebt und lebt Subkultur. (Foto: Jen Dessinger)

Was ist Rock'n'Roll und woher kam er? Warum soll man eine Band gründen und wie macht man es effektiv? Das sind Fragen, die sich schon viele Musiker gestellt haben. Und sie bleiben aktuell, weil diejenigen, die die Antworten wissen, also die Mächtigen der Musikindustrie, sie niemandem verraten. Zumindest solange sie lebendig sind. Weshalb der US-Musiker, Sänger und Autor Ian Svenonius zum einzigen Ausweg griff, der da noch blieb: Er hat bei Séancen die Geister von verstorbenen Rockstars wie Jimi Hendrix oder Jim Morrison befragt, und siehe da: Sie waren sehr gesprächig. Das heißt, sie haben in Form von Buchstaben-Spaghetti oder blinkenden Glühbirnen kommuniziert, Svenonius hat alles notiert und vor fünf Jahren unter dem Titel "22 Strategien für die erfolgreiche Gründung einer Rockband: Mit Ratschlägen aus dem Jenseits von Buddy Holly, Brian Jones u.v.a." veröffentlicht.

Dass Svenonius, der am Montag in der Import Export Kantine spielt, noch nicht reich und berühmt ist, erscheint da wie ein Wunder. Aber um das Berühmt-Sein, das erfährt man auch im Buch, geht es beim Rock'n'Roll nicht. Wer das will, der solle in die Politik gehen, und wer sexuell begehrt werden will, ein Kreativer in der Werbung oder Arzt werden. "Wenn Ihr Ehrgeiz allerdings gesellschaftlicher, ästhetischer oder irgendwie politischer Natur ist, dann ist die Band das ideale Medium für Ihre Botschaft. Sie ist eine verdeckte, organisatorische Fassade, durch die Sie reale kulturelle Veränderung bewirken können", heißt es dann doch recht vielversprechend. Und wenn man es richtig anstellt und mithilfe des Rock'n'Roll subkulturellen Zusammenhalt kreiert, kann man damit auch gegen die "individualistische, kapitalistische Ideologie" angehen, oder warum nicht gleich: Amerika zerstören.

Mit "13-Point Program to Destroy America" war 1991 tatsächlich auch das Debüt von Ian Svevonius' erster Band Nation Of Ulysses überschrieben. Mit der legendären Post-Punk-Band hat er drei Longplayer veröffentlicht, und zählt man weitere Projekte wie The Make-Up, Weird War und Chain And The Gang hinzu, dann sind es inzwischen mehr als 20 Alben. Hinzu kommen Filme und weitere Bücher wie "The Psychic Soviet" und "Censorship Now!!", die alle eine anti-autoritäre, marxistisch angehauchte Do-It-Yourself-Punk-Haltung eint. Vor ein paar Tagen hat Svenonius unter dem Titel "Escape-ism" bei Merge-Records nun sein erstes Solo-Album vorgelegt. Was einen bei allem Lobpreis für die Band und die subkulturelle Gemeinschaft ebenfalls fast etwas wundert.

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Tatsächlich wird der Musiker aus Washington D.C. seine mit Gitarre und Drum-Computer eingespielten, ruppigen Wavepunk-Songs auch in der Import Export Kantine alleine vorstellen. Aber nur am Anfang, danach wird ihn die Notwist-Alien-Disko-Gutfeeling-Gang begleiten, die aus Markus und Micha Acher an Schlagzeug und Sousaphon, Mathias Götz an der Posaune und G.Rag an der Gitarre besteht. Eigentlich sollte Svenonius im Dezember beim von The Notwist kuratierten "Alien Disko #2"-Festival in den Kammerspielen spielen, das war zeitlich aber nicht möglich. Dank der Initiative von Notwist-Sänger Markus Acher kann man den "Sassiest Boy in America", den frechsten Jungen Amerikas, zu dem Svenonius 1991 gekürt wurde, nun trotzdem live erleben.

Ian Svenonius , Mo., 27. Nov., 19.30 Uhr, Import Export Kantine, Dachauer Str. 114

© SZ vom 27.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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