Steirischer Herbst:Kleine Faschistengebäude im Brunnen

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Nicht wiederzuerkennen: Der "Steirische Herbst" in Graz hat sich unter neuer Leitung neu erfunden. Hier könnte gelingen, wofür Kassel noch nicht bereit war.

Von Wolfgang Kralicek und Catrin Lorch

Der Auftritt der Gruppe Laibach beginnt mit einer irritierenden Feststellung: "In Österreich sind die Faschisten an der Macht", heißt es im Prolog zu dem Konzert der slowenischen Band, mit der das Grazer Festival "Steirischer Herbst" seine Eröffnung feiert. "Ein erklärter Neonazi ist Vizekanzler, seine Partei, die FPÖ, besetzt die wichtigsten Regierungsressorts. Die Zensur ist in alle Poren der österreichischen Gesellschaft eingedrungen." Ekaterina Degot, der neuen Intendantin des Festivals, seien deshalb die Hände gebunden gewesen. Um die neuen Machthaber zu beruhigen, habe sie mit Laibach eine Band eingeladen, die der verstorbene "Yuppie-Faschist" Jörg Haider immer sehr geschätzt habe. Klar, dieser Text ist eine satirische Zuspitzung. Aber als es am Ende heißt, "nichts oder nur sehr wenig davon ist wahr", da besteht die Pointe darin, dass es sich genau umgekehrt verhält. Tatsächlich ist der Text viel wahrer, als einem lieb sein kann.

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