Selbständige Kreative:Die Not ist auch Bundesaufgabe

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Kulturstaatsministerin Monika Grütters sprach vor dem Kulturausschuss über Hilfen für klamme Künstler.

Von Bernd Graff

Kurz bevor Kulturstaatsministerin Monika Grütters am Mittwoch vor dem Kulturausschuss des Bundestages und dem Kulturrat sprach, hatte das Statistische Bundesamt Zahlen zu den Beschäftigten in der Kreativwirtschaft herausgegeben. Demnach waren in Deutschland im Jahr 2018 etwa 495 000 Selbständige und Freiberufler im Kulturbereich tätig gewesen. Insgesamt verdienten hier etwa 1,3 Millionen kreative Menschen ihr Geld, das sind etwa drei Prozent der Erwerbstätigen in Deutschland. Der Selbständigen-Anteil ist mit 39 Prozent höher als im Bundesdurchschnitt. Gerade diese (Klein-)Selbständigen sind von den Einschränkungen nun hart getroffen. In einem offenen Brief an die Kulturstaatsministerin hat unter anderen der "Bundesverband Schauspiel" darum eindringlich vor den existenziellen Folgen der Einschnitte gewarnt.

Grütters sprach über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die deutsche Kulturlandschaft und über die gegensteuernden Maßnahmen der Bundesregierung. Sie sicherte zu, alle Hilfsmaßnahmen "beständig zu überprüfen und gegebenenfalls auch nachzujustieren", und gab sich in der Ausschussbefragung hochenergetisch, für eine Politikerin persönlich, auch angriffslustig angesichts der Situation und ihrer gewaltigen Anforderungen. An einer Tatsache rüttelte sie allerdings nicht - nur mit wenigen Ausnahmen ist der laufende Betrieb von Kultureinrichtungen die Aufgabe des Bundes. Gerade in Kulturdingen herrscht Länder-Souveränität - oder, wie Simone Barrientos von den Linken sagte: der Flickenteppich. Doch um Länderzuständigkeiten schert sich die aktuelle Not vor allem der solo-selbständigen Kreativen nicht, zu denen Grütters etwa auch nicht-festangestellte Maskenbildner, Dolmetscher und Tontechniker zählt. Darum habe, so Grütters, die Kreativenunterstützung seit Beginn der Corona-Subventionen auch zu den Bundesaufgaben dazugezählt. So sei über ein Sozialschutzprogramm die persönliche Absicherung der Kreativen angegangen worden, die sei sogar besser als die Absicherung in der Künstlersozialkasse. Dazu sei ein Programm für Betriebsüberbrückung aufgelegt worden. Es gibt Härtefalllösungen und Gutscheinkonzepte für Veranstalter. Ansonsten gab sie zu bedenken, dass viele Bestimmungen, die "in Friedenszeiten" vernünftig seien, in Stresszeiten wie diesen überdacht werden müssten. Etwa könnten die Theater ihre Jahresetats ja auch umschichten. Auch ihr gehe das alles sehr nahe, sagte die Ministerin, sie "schlafe schlecht", sie sei "genauso verzweifelt", ihr "Herz blute" und sie wolle "unbedingt wieder ins Theater, ins Konzert und ins Kino".

© SZ vom 23.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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