Schumanns Lieder:Samuel Hasselhorn

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(Foto: Samuel Hasselhorn)

Von Michael Stallknecht

"Im wunderschönen Monat Mai" fällt die Gesangsmelodie sanft herab, rankt sich das Klavier um sie wie frisch erblühendes Grün. Wie das eben so ist im ersten Lied von Robert Schumanns "Dichterliebe". Doch halt: Sind da etwa falsche Noten in der Neuaufnahme von Samuel Hasselhorn und Boris Kusnezow? Nein. Nur ist der Komponist des Liedes nicht Robert Schumann, sondern der viel unbekanntere Robert Franz. Wie unter anderem Franz Liszt, Edvard Grieg, Hugo Wolf oder Charles Ives hat er eines der sechzehn Gedichte vertont, die Schumann Heinrich Heines "Lyrischem Intermezzo" entnommen hatte. Das brachte schon vor einigen Jahren Musiker auf die Idee einer Überschreibung von Schumanns Zyklus mit anderen Kompositionen, vier sonst nirgends vertonte Gedichte ergänzte der Komponist Stefan Heucke. Wobei der Ansatz der einzelnen Lieder dem Schumanns oft überraschend ähnelt, echte "Gegenvertonungen" selten sind. Stimmung und Prosodie von Heines Gedichten machen da wohl doch einiges an unausweichlichen Vorgaben.

Samuel Hasselhorn hat beide Zyklen nun erstmals gemeinsam auf CD eingesungen (GWK Records). Der 28-jährige Bariton ist gerade auf Erfolgskurs: Im vergangenen Jahr hat er den Wettbewerb "Das Lied" in Heidelberg gewonnen, in diesem den Königin-Elisabeth-Wettbewerb in Brüssel. Seit Beginn der Spielzeit ist er Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper. Dass er neben der Oper wie bisher der intimeren, für Veranstalter schwieriger programmierbaren Gattung des Lieds treu bleibt, ist nach der CD dringend zu wünschen. Denn Hasselhorn fächert die Gefühlszustände des hier gleich doppelt unglücklich verliebten Dichters sehr differenziert auf. Zudem hat er in Boris Kusnezow einen Pianisten an seiner Seite, der mit seinem ebenso luziden wie pointierten Spiel eigenständige Akzente setzt. Aber die beiden verlieren sich nie wie manch andere beim Lied in manieristischen Überbetonungen. Hasselhorn integriert die Sprache immer schön in den Stimmfluss, der auf einem durchaus kräftigen Fundament ausgewogen zwischen Höhen und Tiefen fließt. Damit gibt er dem Lied, was das Genre dringend braucht: Unmittelbarkeit und Natürlichkeit.

© SZ vom 22.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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