Schräger Humor:Rächende Riesenkatzen

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A.L. Kennedy: Onkel Stan und Dan und das fast ganz ungeplante Abenteuer. Aus dem Englischen von Ingo Herzke. Mit Illustrationen von Gemma Correll. Orell Füssli Verlag, Zürich 2018. 200 Seiten, 14,95 Euro. (Foto: N/A)

Ein Highland-Abenteuer boshaft und surreal, in dem eine miese Familie von einem alten Zausel und einem Dachs herein gelegt wird.

Von Alexander Menden

Dan Dachs hat ein Problem: Er soll am Samstag gegen drei riesige Hunde kämpfen. Dabei ist er nicht nur ein sehr friedfertiger Jungdachs - die Boxershorts, die er tragen soll, stehen ihm auch nicht besonders. Dan ist so unglücklich wie er es noch nie war. Ein womöglich noch größeres Problem hat eine Lama-Familie aus Peru, die aufgrund einer irreführenden Anzeige Ferien auf dem Bauernhof der grässlichen Familie McGloone gebucht hat. Jetzt stehen die Lamas im schottischen Regen hinter einem elektrisch geladenen Zaun, werden mit Kohlblättern, Brotrinden und Schinkenschwarten gefüttert und warten darauf, zu Handtaschen und Pasteten verarbeitet zu werden. Zum Glück gibt es da noch Stan, einen exzentrischen alten Mann mit Wuschelhaar, der gerne ein paar Freunde hätte und bereit für ein Abenteuer ist.

Finsterer Humor prägt das Werk A.L. Kennedys, sowohl in ihren Büchern für Erwachsene, als auch in den Stand-Up-Comedy-Programmen, mit denen sie seit gut einem Jahrzehnt auftritt. Die schottische Heine-Preisträgerin hat diese Finsternis für ihr erstes Kinderbuch "Onkel Stan und Dan und das fast ungeplante Abenteuer" zwar abgemildert. Aber in der Tradition britischer Kinderbücher, die ganz knapp am echten Grusel entlangschlittern, hat sie als Bösewichte dieser verrückten Story eine Familie grausamer Fieslinge erdacht, die in ihrer Degeneriertheit an Roald Dahls "Twits" und in ihrer Absurdität an Andy Stantons "Mr. Gum" erinnern. Vor allem die beiden Tanten Esther und Martha, mit "Augen von der Farbe schlecht schmeckender Bonbons", sind abscheulich gut gelungen. Aber auch ihr Bruder, Farmer McGloone, der darüber spekuliert, ob Lamapasteten besser schmecken "als Walross oder Giraffe oder Panda", ist derart gemein, dass man ihm ein drastisches Ende zu wünschen beginnt.

Die Hauptcharaktere Dan und Stan hingegen sind sehr nette, etwas einsame Gestalten, die jede auf ihre Art mit der Widerlichkeit der McGloones umgehen. Dan bleibt trotz der Gefangennahme durch die bösen Tanten sein freundliches Selbst; Stan rettet ein Kätzchen vor den Steine werfenden McGloone-Kinder einfach durch eine überzeugend vorgetragene Geschichte von rächenden Riesenkatzen. Was den Leser durch die Story zieht, ist die Spannung, zu erfahren, wie all diese Figuren zusammenfinden, und ob Dan und die Lamas schließlich gerettet werden.

Der Vorzug des Kinderbuchschreibens, hat A.L. Kennedy gesagt, sei, dass man sie nicht "als etwas Ernsthaftes verkleiden" müsse, sondern einfach Spaß am Geschichtenerfinden haben könne. Den hatte die Autorin bei "Stan und Dan" (die im Original übrigens Shawn und Bill heißen) ganz offensichtlich - ebenso wie ihre kongeniale Illustratorin Gemma Correll, deren reduzierte, durchaus kindliche, aber nicht verniedlichende Bilder einen bedeuten Anteil am Vergnügen bei der Lektüre dieses surrealen Highland-Abenteuers haben. (ab 9 Jahre und Comedy-Fans)

© SZ vom 09.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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