Schauplatz Zürich:Andere Menschensorte

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Frank A. Meyer, Berater des Schweizer Medienhauses Ringier, spricht auf der Bühne über Frauenförderung und -benachteiligung. Eine "absurde Veranstaltung", heißt es danach: Er verstehe Frauen nicht, hatte Meyer immer wieder betont.

Von Charlotte Theile

Der Begriff "Mansplaining", zusammengesetzt aus den Wörtern "man" und "explain" (erklären) ist eine relativ neue Kreation, er geht auf die amerikanische Schriftstellerin Rebecca Solnit zurück. Männer, findet Solnit, erklären ihrem Gegenüber gern die Welt. Vorzugsweise dann, wenn dieses Gegenüber sich deutlich besser auskennt - und überhaupt nicht um Erklärung gebeten hat.

Frank A. Meyer, Berater des Schweizer Medienhauses Ringier, ist einer der Männer, die sich gern reden hören. 71 Jahre alt, eine Größe des Schweizer Journalismus. An einem Donnerstag Anfang Dezember sitzt er mit Christof Moser, einem wesentlich jüngeren Journalisten, auf einer Bühne im Theater am Neumarkt. Eine Zürcher Institution zwischen Schauspielhaus und freier Szene. Dass vor allem Frauen gekommen sind, weiß Meyer nicht, es ist dunkel, vielleicht kann er es sich denken.

Wie hat er Kolleginnen in seiner Berufslaufbahn erlebt, wäre seine Karriere auch einer Frau möglich gewesen, hat seine Vorliebe zu schnellen Autos seinen Erfolg bei Frauen erhöht? Moser fragt, Meyer erzählt. Aus einer Zeit, in der alles in Ordnung zu sein schien. Wer viel arbeitete, fuhr ein tolles Auto, gelegentlich gab eine talentierte Kollegin aus familiären Gründen ihren Job auf. Meyer lebte dieses Leben, ohne sich seiner Privilegien bewusst zu sein, "das ist ja ein Kennzeichen der Männerwelt, man macht einfach."

Ende 2015 sitzt Meyer auf einer Bühne und reflektiert. Ein bisschen zumindest. Der Titel des Ganzen, Mansplaining, soll ironisch gebrochen daherkommen, am Neumarkt geht es in diesen Wochen um die Krise des weißen heterosexuellen Mannes. Bei Meyer funktioniert das nicht. Er verstehe Frauen nicht, betont der Autor immer wieder, man habe es da mit "zwei unterschiedlichen Menschensorten" zu tun. Eine Schnapsflasche geht durchs Publikum, langsam regt sich Widerspruch. Meyer reagiert scharf. "Das ist Unsinn", "Sie haben mir nicht zugehört" - Frank A. Meyer, Träger des Zürcher Journalistenpreises, ist es nicht gewohnt, dass ihm widersprochen wird. Wenige Minuten nach der Veranstaltung verabschiedet sich Meyer, im Foyer wird Wein ausgeschenkt. "Absurde Veranstaltung", das ist noch eines der milderen Urteile. Vom Theater heißt es, die Reihe werde nicht fortgesetzt. Für die Besucher hat der Abend vor allem einen Gewinn: Das Wort Mansplaining werden sie so schnell nicht vergessen.

© SZ vom 09.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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