Schauplatz Wien:Der konservative Punker

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Franz Morak war berüchtigter Schauspieler am Burgtheater, nahm räudige Punk-Alben auf und saß für die ÖVP/FPÖ-Koalition als Kulturstaatssekretär im Parlament. Jetzt hat er zehn Jahre später sein Comeback als Rockmusiker versucht.

Von Wolfgang Kralicek

In der Fußgängerunterführung vor der Wiener Staatsoper befand sich jahrzehntelang das "Carola", eines der elegantesten Schallplattengeschäfte der Stadt. Weil Plattenläden aber ebenso aus der Mode kamen wie Fußgängerunterführungen, hat das Carola schon lange geschlossen, und die Unterführung wurde in einen Dinner-Club namens "Albertina Passage" umgewandelt. Dass Franz Morak hier sein neues Album präsentiert, passt: Es ist lang her, dass der Mann cool war.

In den frühen Achtzigern führte er ein bizarres Doppelleben als Burgschauspieler und Rockmusiker. Die Cover seiner LPs wurden vom Schockmaler Gottfried Helnwein gestaltet, die zornigen Songs - selbstdefinierte Stilrichtung: "New-Wave-Schizo-Punk" - handelten von pädophilen Lehrern und perversen Sandmännchen. Als Claus Peymann 1986 das Burgtheater übernahm, mutierte der wilde Hund Morak zum Leitwolf der frustrierten Alt-Ensemblemitglieder; beliebt machte er sich damit bei reaktionären Theaterfreunden mit ÖVP-Parteibuch. Es war auch die konservative Volkspartei, für die Morak 1994 aus dem Burgtheater ins Parlament wechselte; in der ersten ÖVP-FPÖ-Koalition, die sich 2000 formierte, war er Staatssekretär für Kunst und Medien. Als die Regierung 2007 abgewählt wurde, kehrte er nicht auf die Bühne zurück, sondern ließ sich pensionieren und verschwand zehn Jahre.

In der Albertina Passage präsentiert Morak jetzt sein erstes Album seit 25 Jahren (und sein letztes, wie er sagt). Es ist harmloser geraten, als der Titel "Leben frisst rohes Fleisch" vermuten ließe; in den ironischen Texten scheut er auch abgegriffene Bilder wie "Tanz auf dem Vulkan" nicht. Morak wirkt nervös wie ein Gymnasiast, der mit seiner Band gleich beim Schulball auftritt. Vor dem Liveact wird ein vom Wiener Musikfilmproduzenten Rudi Dolezal gedrehtes Making-of gezeigt; Moraks Sohn Benedikt sagt darin: "Mein Vater ist der konservativste Punkrocker, den's in Österreich gibt." Dann lässt es der Alte endlich krachen. "Schickt die Clowns jetzt auf die Bühne", singt er. "Wir haben lange nicht gelacht." Doch daran, dass er seiner Karriere noch eine überraschende Wende geben könnte, glaubt der einstige "Schizo-Punk" offenbar selbst nicht: Nach nur zehn Minuten ist das Comeback des Franz Morak vorbei, weitere Auftritte sind nicht geplant.

© SZ vom 31.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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