Schauplatz London:Subventionen von Sir Nick

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Der neue Chef des Arts Council, Nicholas Serota, fördert britische Künstler, die im Ausland arbeiten wollen. Nicht nur damit hat er sich in der Debatte über den Brexit und seine Folgen für das britische Kulturleben positioniert.

Von Alexander Menden

Als Sir Nicholas Serota im vergangenen September nach 28 Amtsjahren seinen Rücktritt vom Posten des Direktors der Tate-Galerien ankündigte, überraschte das weniger als der neue Arbeitsplatz, den er sich ausgesucht hatte: Statt in den Ruhestand wechselte er als Chef zum Arts Council (ACE). Nach Jahrzehnten, in denen er das üppige Tate-Budget verwalten durfte, ist er nun zuständig für die Verteilung staatlicher Kultursubventionen. In den vergangenen Jahren musste das ACE auf einen immer kleiner werdenden Fördertopf zurückgreifen. Nach dem Wegfall der EU-Kulturfördermittel dürfte diese Situation kaum leichter werden.

Sir Nick wäre nicht Sir Nick, hätte er der Subventionsverteilung des ACE nicht bald nach Amtsantritt seinen Stempel aufgedrückt: Große Einrichtungen wie das National Theatre und die Royal Shakespeare Company mussten Förderkürzungen hinnehmen. Dafür ist die Zahl kleinerer oder mittelgroßer Kultureinrichtungen in den Regionen deutlich angestiegen. Besonders Gemeinden, in denen die Stadtverwaltungen trotz radikaler Mittelkürzungen durch die Londoner Zentralregierung an einer gut strukturierten lokalen Kulturpolitik festgehalten haben, wurden belohnt. Barnsley in Süd-Yorkshire beispielsweise erhält erstmals eine ACE-Förderung, und zwar für ein Museum, das im Rathaus der Stadt eingerichtet wurde. Serotas Botschaft an die Kommunen ist klar: Wenn ihr euch zur Kultur bekennt, werden wir euch unterstützen.

Zudem hat Serota die Einrichtung eines sogenannten Creative Practitioners Fund angekündigt. Aus dessen Mitteln sollen britische Künstler gefördert werden, die im Ausland arbeiten wollen. Und nicht nur mit dieser Maßnahme hat sich der neue ACE-Chef in der Debatte über den Brexit und die möglichen Folgen für das britische Kulturleben deutlich positioniert. Bei der Londoner Konferenz der Creative Industries Federation, des Interessenverbandes der britischen Kulturindustrie, hat er jetzt gefordert, dass die Freizügigkeit für Künstler unbedingt erhalten bleiben müsse: Die "Interaktion der Kräfte" zwischen dem Vereinigten Königreich und anderen Ländern habe "die britische Kultur erst reichhaltig und zunehmend komplex" werden lassen. Unabhängig von der Entscheidung, die EU zu verlassen, sagte Serota, müsse man daher die Bedingungen erhalten, unter denen Künstler aus der ganzen Welt nach Großbritannien kämen, inklusive kurzfristiger Arbeitsvisa. "Wir schulden der Perspektive von denen, die von außen hereinkommen, so viel von unserem Selbstbild", so Serota. "Besonders unsere romantische Seite."

© SZ vom 19.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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