Schauplatz London:Projekt sehr sinvoll - wird also abgeschafft

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Das "Cultural Citizen"- Programm versuchte, Jugendliche aus bildungsfernen Schichten die Teilnahme am Kulturleben zu ermöglichen. Gerade ergab eine Studie, wie sinnvoll das Geld angelegt war - da wird das Budget gestrichen.

Von Alexander Menden

David Cameron ließ so manches Feld unbestellt, als er nach dem EU-Referendum im Juni 2016 vom Amt des britischen Premierministers zurücktrat. Im politischen Chaos, das danach im Vereinigten Königreich ausbrach, war und ist die Kulturpolitik ein nicht nur medial vernachlässigter Nebenschauplatz. Doch wie viel in der auf kurzfristige, scharfe Kurswechsel angelegten britischen Politik vom Wohlwollen einzelner, einflussreicher Figuren abhängt, zeigt das Schicksal weitgehend unbeachteter, aber wirkungsvoller Initiativen wie des "Cultural-Citizens"-Programms, das jetzt vor dem Aus steht.

Das Pilotprojekt, das junge Menschen aus sozial benachteiligten Familien zur Beteiligung am Kulturleben anregen sollte, hatte nach Camerons Rücktritt keine Chance mehr. Als Teil der - mittlerweile aufgegebenen -"Life Chances"-Regierungsstrategie lief es von 2016 bis 2017 an Schulen in strukturschwachen Teilen von Blackpool, Liverpool, Birmingham und London. Zwei Drittel der teilnehmenden 11- bis 15-Jährigen waren vorher noch nie in einem Museum oder Theater gewesen. "Cultural Citizens" gelang es nicht nur, sie zu selbstbewusster Auseinandersetzung mit Kunst zu animieren, es führte auch dazu, dass viele von ihnen angaben, sich eine Beschäftigung in den Künsten vorstellen zu können.

Das für die Verteilung von Kultursubventionen zuständige Arts Council England hat nun eine positive Bilanz der Initiative gezogen - und zugleich die 500 000 Pfund, die sein Budget ausmachten, gestrichen. Die Mittel werden knapper, der Verteilungskampf härter - und Initiativen, die ihre politischen Fürsprecher verlieren, verlieren sofort ihre Finanzierung. Wie es aussieht, wird das Programm zwar weiterwirken - die Sydney Russel School in Dagenham schuf ihr eigenes, von den Schülern gestaltetes Kunstprogramm; an der King's Leadership Academy in Liverpool verdreifachte sich die Zahl der Schüler, die Kunst als Wahlfach nahmen. Aber solange die britische Förderung junger Menschen weiter so unsystematisch betrieben wird, wird sich an der vermeintlichen Unzugänglichkeit großer Bevölkerungsteile für die Kunst wenig ändern.

© SZ vom 28.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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