Romy Schneider zum 70.:Die Zerbrechliche

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Auf der einen Seite die große Karriere, auf der anderen privates Unglück: Bis zu ihrer Todesnacht blieb Romy Schneider ein Rätsel. Die Neuerscheinungen zum Jubiläum.

Susan Vahabzadeh

Es muss etwas dran sein an dieser Frau, was zum Träumen verleitet. Immer schon - das lassen die Fotografien vermuten im bei Hatje Cantz neu erschienenen Bildband "Die Erinnerung ist oft das Schönste", unveröffentlichtes Material von neun Fotografen, die sich von ihr haben inspirieren lassen.

Die totale Ebenmäßigkeit der Züge: Romy Schneider. (Foto: Foto: dpa)

Es sei die totale Ebenmäßigkeit ihrer Züge, meint Frederick Baker in der Dokumentation "Romy Schneider - Eine Frau in drei Noten", die Arte ausgestrahlt hat zu Romy Schneiders siebzigsten Geburtstag - ein Gesicht, das ideale Projektionsfläche gewesen sei.

Es ist aber vielleicht doch ein wenig mehr - der frühe Ruhm, und die Zwiespältigkeit ihres Lebens. Große, internationale Karriere auf der einen, immerwährendes privates Unglück auf der anderen Seite. Es ist wohl leichter, ein Glückskind zu lieben, das nichts von dem, was es bekommen hat, je genießen konnte. Sie wollte die Verehrung, die ihr für Sissi entgegenschlug, nicht haben und erfand sich statt dessen im französischen Kino neu, das ist vielleicht der ganz zentrale Punkt, der die Legende erst möglich machte - sie wollte mehr sein, als Mutter Magda Schneider und der Sissi-Zirkus ihr zugestanden; das Freilegen dieser immer neuen Schichten ihrer Persönlichkeit hat bis heute nichts verloren von seinem Reiz.

Romy Schneider ist, unbenommen, eine der ganz großen Schauspielerinnen gewesen - des französischen Kinos allerdings, nicht des deutschsprachigen. Darum geht es aber, ganz sicher, nicht beim Mythos Romy Schneider. Die beiden Filme, die nun gedreht werden - "Romy - Le Film" von Josef Rusnak mit Yvonne Catterfeld, produziert von Raymond Danon (siehe Interview), und ein Fernsehfilm über ihr Leben, mit Jessica Schwarz -, auch die Bücher, die zu ihrem siebzigsten Geburtstag erschienen sind, das alles handelt immer nur von ihrem Leben, nicht von ihrem Werk.

Romy Schneider ist so sehr Projektionsfläche, dass sie nun gar zur Romanheldin geworden ist: Olaf Kraemer macht sich in "Ende einer Nacht" (Blumenbar Verlag) einen Reim auf die letzten Stunden vor ihrem Tod. Er füllt ihre letzte Nacht mit Fiktion - an welche Momente ihres Lebens mag sie gedacht haben, was ging in ihr vor, allein, noch wach, angetrunken, mit Tabletten vollgepumpt?

Reines Rätselraten natürlich, das immer nur zu den Dingen führen kann, die man schon weiß - dass sie unglücklich war, an ihren Entscheidungen zweifelte und am Sinn des Lebens nach dem Tod ihres Sohnes, und dass sie es nie zu genug schönen Erinnerungen gebracht hat.

Raus aus dem Reich der Fiktion, auf belegbare Geschichte, führt Jürgen Trimborn sie zurück - der dröselt in "Romy und ihre Familie" die Biographien der Schauspielerfamilien Schneider und Albach-Retty auf. Die Herrschsucht von Magda Schneider ist nicht neu, ihre Faszination für Hitler aber ist ein bisher kaum beleuchtetes Kapitel. Romy Schneider muss sich der Rolle, die ihre Mutter sich im Dritten Reich erwählt hatte, bewusst gewesen sein. Bertrand Tavernier, ihr Regisseur bei "Der gekaufte Tod" (1980) gibt in "Eine Frau in drei Noten" zum besten, wie sie ihm die peinlichste Szene seines Lebens bescherte - als sie ihm unter Tränen in einem Restaurant davon erzählte, und alle ihn anstarrten - den Schurken, der Romy Schneider zum Weinen gebracht hatte.

Im Werk gibt es halt auch kaum noch Entdeckungen zu machen, ein Vierteljahrhundert nach ihrem Tod. Romy Schneider hat mehr als sechzig Filme gedreht, viele also, die man nicht dauernd wiedergesehen hat - und manches von dem, was in der Versenkung verschwunden ist, hat sie seinerzeit selbst dort hingewünscht.

Neben der Böll-Verfilmung "Gruppenbild mit Dame" ist bei Arthaus zum Beispiel gerade der surreal angehauchte "La Califfa " (1970) neu erschienen. Da spielt sie eine Arbeiterführerin, die den Fabrikbesitzer Ugo Tognazzi zur Liebe und zur Selbsterkenntnis verführt - sie habe, sagte Romy Schneider später, sich erstmal ausziehen müssen für den Dreh und auch danach nicht so recht verstanden, was das alles sollte. Tatsächlich schaut man ihr aber auch dann gerne zu, wenn das Drumherum nicht so ganz geglückt ist.

© SZ vom 23.09.2008/rus - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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