Recht und Kunst:Nein, danke

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Eine staatliche Klosterverwaltung erhält eine Schenkung. Dann stellt sich heraus: Der Künstler war wohl ein Nationalsozialist. Doch in den Verträgen ist die Rückgabe nicht vorgesehen. Jetzt befassen sich Gerichte mit dem Fall.

Von Till Briegleb

Die Aufarbeitung des Nationalsozialismus kann skurrile Formen annehmen. Da lässt sich die staatliche Klosterverwaltung Hannover Ende der Neunziger Jahre den Nachlass des Regional-Malers Erich Klahn schenken, weil ihr damaliger Leiter Axel Freiherr von Campenhausen private Verbindungen zur Familie des Künstlers hat und die Äbtissin eines der Kloster die Künstler-Witwe Barbara Bose-Klahn ist. Der neue Leiter der Behörde möchte 2014 die wenig bedeutende Kunstsammlung inklusive der Verpflichtung, diese auch auszustellen, gerne wieder loswerden, weil die Betreuung von Nachlässen nichts mit den Aufgaben seines Amtes zu tun hat, und begründet die fristlose Kündigung des Schenkungsvertrags mit der politischen Untragbarkeit des Künstlers. Denn Klahn hatte im Dritten Reich sowohl Altäre wie NS-Motive an den Mann gebracht hat und dafür 1943 einen NS-Staatspreis erhalten.

Die Familie will das Familienerbe aber auf keinen Fall zurück und beauftragt einen berühmten Rechtsanwalt mit jüdischen Wurzeln, Peter Raue, die Sache des unzweifelhaft völkisch gesinnten Altarmalers zu vertreten. Und diesem Anwalt gelingt es tatsächlich, die Klosterkammer gerichtlich zu zwingen, das Konglomerat, das sie auf gar keinen Fall behalten will, weiter zu pflegen und auszustellen. Denn der Vertrag, den von Campenhausen - der einstige Staatssekretär von Niedersachsens Ministerpräsident Ernst Albrecht, der wiederum der Schwager der Künstlertochter Liese Klahn ist - damals mit der Künstlerfamilie abgeschlossen hat, enthält leider keine Kündigungsklause.

Das jetzt in diesem Sinne ergangene Gerichtsurteil des Oberlandesgerichts Celle, gegen das die Klosterverwaltung noch Beschwerde einreichen wird, mag Wasser auf die Mühlen von allen sein, die Recht und Gerechtigkeit für zwei verschiedenen Dinge halten. Die eigentliche Auseinandersetzung, die begleitend zu dem Prozess öffentlich entbrannt ist, entzündet sich aber an den drei Gutachten, die von der Klosterkammer für den Prozess in Auftrag gegeben wurden. Denn diese kommen zu dem unmissverständlichen Schluss, dass Erich Klahn "als völkisch gesinnter Künstler zur Verbreitung nationalsozialistischer Ideen und Vorstellungen beigetragen" und "antijüdische Thematik" auf seinen Altarbildern umgesetzt habe, so das letzte Gutachten des Kunsthistorikers Herbert Pötter.

Auf einer Tagung zu "Künstler und Kirche im Dritten Reich" in der Evangelischen Akademie Loccum wurde diese Einschätzung jetzt massiv kritisiert. Nach einer heftigen Diskussion zog der Leiter der Akademie, Dr. Stephan Schaede, schließlich das Resümee, dass man kaum sagen könne, Erich Klahn sei in "nationalsozialistischen Kontexten" aktiv gewesen. Vielmehr habe des Künstlers "unerträglicher Charakter" dazu geführt, dass es ihm an jeder "Anpassungsfähigkeit an das System" mangelte.

Schaede hält die Relevanz, die der Fall Erich Klahn durch den Prozess erfährt, angesichts der geringen Bedeutung des Malers zwar für überschätzt, sieht aber die Aufregung als hilfreich für ein größeres Unternehmen. Bisher sei die Auseinandersetzung der Kirchen mit der Kunst, die sie im Dritten Reich in Auftrag gegeben hätten, eher sporadisch erfolgt. Eine systematische und kritische Betrachtung unter kunsthistorischen, politischen und theologischen Aspekten sei längst überfällig. Dazu kann dann auch das künstlerische Kuckucksei beitragen, dass die Klosterkammer Hannover aller Voraussicht nach weiter ausbrüten muss.

© SZ vom 29.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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