Radar:Zum Blütenrausch akkumuliert

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(Foto: Griesbach)

Die großen Moderne-Auktionen der deutschsprachigen Häuser.

Von Dorothea Baumer

Leicht gebremst im Schwung starten die Häuser in Berlin, Köln und München vom 29. November bis 8. Dezember in die Auktionen moderner und zeitgenössischer Kunst. Der Expressionismus stellt wieder die Spitzenlose. Die Runde eröffnet Villa Grisebach mit Kirchners "Akte im Wald", einem typischen Fehmarn-Gemälde aus dem Jahr 1912 das zuletzt 2009 versteigert wurde (1,2 bis 1,5 Millionen). Das gleiche Sujet aus der Hand Otto Muellers, "Drei Badende", um 1914, soll 700 000 Euro bringen. Zweites Hauptlos ist "Blaue Iris", eine zum Blütenrausch akkumulierte Landschaft von Erich Heckel. Bescheidener sortiert ist die zeitgenössische Kunst. Das mit Abstand teuerste Los ist Gerhard Richters Studie für ein abstraktes Bild von 1978 (250 000).

Internationaler ausgerichtet ist Lempertz, dessen Offerte eine späte Farbkreidezeichnung von Picasso, "Homme nu couché", zu ihren Höhepunkten zählt (bis 400 000), wie auch zwei Arbeiten von Joan Miró, eine Gouache aus den Dreißigerjahren und das Ölbild "Solitude III/III" von 1960 (280 000). Lange in Familienbesitz war Alexej Jawlenskys "Portrait Frau Kirchhoff" (1925, 240 000). Bei den Zeitgenossen markieren eine von Günther Förg 2007 lässig hingeworfene Gitterstruktur und Albert Oehlens abstraktes Hochformat "Industrielle Elfen" von 2001 die Preisspitze (je 150 000).

Ein moderates Moderne-Angebot, das für Fritz-Klimsch-Sammler elf Bronzeskulpturen mit Taxen von 4000 bis 80 000 Euro bereithält, ihr Spitzenlos aber in einem "Rosen"-Stillleben von Lovis Corinth hat (250 000), ergänzen bei Van Ham exemplarische zeitgenössische Werke, wie Victor Vasarelys großformatiges Op-Art-Gemälde von 1981 (150 000), Sigmar Polkes zur Spekulation einladendes "Interferenzbild Grün" von 1998 (70 000) oder Karin Kneffels Interieur-Vexierbild von 2007 (80 000).

Eine märchenhafte Szenerie von Heinrich Campendonk, "Kühe im Wald" von 1919, und ein Wannsee-Gartenbild von Max Liebermann (je 400 000), stehen im Zentrum von Karl & Fabers Moderne-Offerte. Bei den Zeitgenossen sind eine Sammlung von Papierarbeiten sowie Art-Brut Werke aus der Nervenheilanstalt Gugging im Angebot.

Emil Noldes radikal farbgeballtes, in den Fünfzigern international gezeigtes Gemälde "Herbstwolken, Friesland" von 1929 ist mit 1,2 Millionen das Hauptlos bei Ketterer. Mit der Atelierszene "Selbstportrait mit Gerda" wird ein fulminantes Kirchner-Pastell von 1915 aufgeboten (400 000). Starke Positionen in der Nachkriegskunst der Fünfziger und Sechziger besetzen Ernst Wilhelm Nays Scheibenbild "Schwarze Sternenbahn" (ebenfalls 400 000), Günther Ueckers rosarotes Nagelbild "Zärtlicher Garten" von 1964 (600 000) und Gerhard Richters fotorealistisches Schwarz-Weiß-"Portrait Schniewind" von 1965 (mindestens 800 000)

In Wien schickt das Dorotheum bereits am 27. November die zeitgenössische Kunst ins Rennen. Dabei setzen zwei deutsche Künstler in der Offerte starke Akzente. Hier wird Ernst Wilhelm Nays in seinem freien Farb- und Linienspiel zur Gruppe der rhythmischen Bilder gehörendes Gemälde "Einklang" aus dem Jahr 1953 mit 200 000 Euro aufgerufen. Von Günther Uecker wiederum, dem dreifach präsenten Zero-Künstler, stammt nicht nur die eigentümliche sechsteilige Arbeit mit Text aus dem Johannes-Evangelium (1995, 200 000), sondern auch das Nagelbild "Feld" von 2012/13, das mit 400 000 Euro teuerste Los der Auktion.

In Zürich endet die Serie am 8. Dezember. Versteigert wird dort neben hoch taxierter Schweizer Kunst ein Doppelbildnis von Emil Nolde aus dem Jahr 1918, dem Erwartungen von 600 000 Franken gelten.

© SZ vom 24.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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