Radar:Augenmotive

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Moderne, Nachkriegskunst und Zeitgenossen stehen im Zentrum der großen Herbstauktionen in den nächsten zwei Wochen.

Von Dorothea Baumer

Die Klassische Moderne, Kunst nach '45 und die Zeitgenossen stehen im Mittelpunkt der Herbstauktionen in Berlin, Köln und München. Im handverlesenen Sortiment von Villa Grisebachs Abendauktion am 28. November zählen expressionistische Gemälde zu den Spitzenlosen, darunter Max Pechsteins Frauenbildnis "Die hellgrüne Jacke" aus dem Jahr 1909, dem Erwartungen von 400 000 Euro gelten. Eines der rund 40 südfranzösischen Motive im Œuvre Max Beckmanns wird mit der skizzenhaften "Kleinen Landschaft aus Bandol" aufgerufen (300 000). An die jüngsten Verkaufserfolge sucht man mit Franz Marcs Postkartengruß von 1915 anzuknüpfen, der mit "Grünem und weißem Pferd" an die Witwe von August Macke ging und nicht weniger als eine Viertelmillion kosten soll. Bei den Zeitgenossen liegt Günther Förgs Bleibild mit orangefarbenem Feld vorn (1991, 250 000). Mit einer Million Euro am höchsten taxiert ist ein Spätwerk Marc Chagalls, "Les fianceés aux anémones" (1979).

Andere Schwerpunkte setzten die Kölner Häuser. Bei Lempertz übernehmen am 29. November Nachkriegs- und zeitgenössische Kunst die Führung. Yves Kleins von 1957 stammende Arbeit "IKB 132" in strahlendem monochromen Ultramarinblau beispielsweise (400 000). Nicht zuletzt sind vier Arbeiten von Gerhard Richter aus den Achtzigern und Neunzigern zu nennen, darunter zwei "Abstrakte Bilder" auf Alu-Dibond mit Rot-Gelb-Farbverläufen von 1997 aus einer belgischen Sammlung (je 300 000). Expressionistisches ist in schönen Papierarbeiten zu haben. Mit feinen Blättern und kleinen Ölen von Willi Baumeister, Fritz Winter, Paul Klee und Wassily Kandinsky glänzt der Nachlass des Kunstkritikers Will Grohmann.

Ein "Blick auf das Murnauer Moos" von Gabriele Münter für 160 000 Euro hält bei Van Ham am 27. November die Moderne-Stellung, während die Nachkriegsabstraktion eines Ernst Wilhelm Nay großformatig in rot-gelb-blauen Formen die "Dynamik Bild" vorantreibt (250 000). Zero-Kunst von Günther Uecker besetzt weitere Spitzenpositionen: eine "Dunkle Spirale" von 1983 und, drei Jahre später entstanden, ein "Weißer Schrei" genanntes Nagelbild (je 200 000).

Dem Blauen Reiter wird auch in München gehuldigt. Karl & Fabers Titellos am 5. Dezember ist ein malerisch sehr dichter, 1930 entstandener "Abstrakter Kopf" Alexej von Jawlenskys, den ein Apfelstillleben aus den Anfangsjahren des Künstlers ergänzt (400 000 und 280 000). Die Kunst nach 45 führt Ernst Wilhelm Nays Gemälde "Ursprung in Gelb" an, ein Augenmotiv von elementarer Wucht aus den Sechzigern (180 000).

Ein weiterer Jawlensky wird tags darauf von Neumeister aufgeboten, ein "Heilandsgesicht" in zarter "schwebender" Farbigkeit von 1919/20 (250 000). Gerhard Richter überrascht mit einem Fotografie-Unikat, das den Galeristen Heiner Friedrich zeigt (1970, 150 000).

80 hochdotierte Werke bietet Ketterer am 6. Dezember. Unter den Moderne-Highlights sind hier Max Pechsteins 1910 datierte "Tänzer" und Ernst Ludwig Kirchners Landschaft "Heimkehrende Ziegenherde" (1920, 600 000, 400 000). Teils im sechsstelligen Bereich angesiedelt ist die Kunst nach 45. Jean Dubuffets Landschaft von 1953, "L'Esplanade rose", Günther Ueckers Nagelbild "Weißes Feld" aus den Neunzigern und ein "Abstraktes Bild" von Gerhard Richter zählen dazu (400 000, 500 000, 600 000 Euro). Günstiger, aber sehr reizvoll ist Nays "Persisches Gedicht" von 1949 (150 000),

Moderne auch in Wien und Zürich. Im Dorotheum stellt Egon Schiele am 26. November das überragende, auf eine Million Euro taxierte Los: "Frau mit erhobenen Armen", eine Zeichnung aus dem Jahr 1914 mit farblichen Akzenten in Aquarell und Gouache. Das Pendant bei Koller am 6. Dezember ist ein kleines Stillleben von Paul Cézanne, "Bol, boîte à lait et bouteille" (1879/80, 300 000 Franken.)

© SZ vom 23.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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