Das Burgtheater ist mit geballter Blankvers-Power in die Spielzeit gestartet: Shakespeare im Akademietheater, Goethe im großen Haus. Goethes Künstlerdrama "Torquato Tasso" (1790) verhandelt in fünf handlungsarmen Akten die knifflige Frage nach der Rolle der Kunst in der Gesellschaft. Der sensible Dichter Torquato Tasso, Gast im Lustschloss des Herzogs von Ferrara, gerät in Streit mit dem kühlen Staatssekretär Antonio. Daraufhin wird das Genie vom Herzog sanft in seine Schranken verwiesen und mit Stubenarrest belegt. Mehr passiert nicht. Beziehungsweise ist das eigentliche Drama im feinst ziselierten Text selbst verborgen, in dem schon ein falscher Tonfall eine tödliche Beleidigung darstellen kann. Inwiefern sich dieses Drama heute überhaupt noch herstellen lässt, ist die Frage.
Premieren:Versuchen wir mal Goethe
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Der Saisonauftakt im Wiener Burgtheater: "Torquato Tasso" und Shakespeares "Coriolan" - zwei befremdliche Abende.
Von Wolfgang Kralicek